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Zahngesundheitsversorgung – so geht es nicht weiter

Jürgen Pischel spricht Klartext: So kann es mit der Zahnversorgung in Österreich nicht weitergehen.© CYCLONEPROJECT - Fotolia.com
Jürgen Pischel

Jürgen Pischel

Mo. 19 August 2013

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WIEN - Wahlkampf, die hohe Zeit der Forderungen aus den jeweiligen Interessensverbänden heraus und der Versprechungen aus der Politik in Zusagen, etwas tun zu wollen, orientiert am angepeilten Wählerklientel. Die Zahnärzteschaft ist mit Patientenaufklärungsaktionen besonders aktiv geworden unter dem Slogan „Österreich in der ZahnSteinzeit“.

Ganz konkret werfen die Spitzen der Zahn­ärzteschaft der österreichischen Gesundheitspolitik vor, sie „mute den Patientinnen und Patienten, die eine von den Krankenkassen bezahlte Zahn­behandlung wünschen, eine zahnme­dizinische Versorgung auf einem wissenschaftlichen Niveau zu, das aus einer Zeit stammt, als die meisten von uns noch gar nicht geboren waren. Gleichzeitig“, so heißt es weiter, „schlagen Experten Alarm über den schlechten Zahngesundheitszustand der Öster­reicher, insbesondere der Kinder: Ist es ein Wunder? Es gibt kein anderes medizinisches Fachgebiet, das von der Gesundheitspolitik so lange vernachlässigt wurde.“

Zu dem letzten Satz des Statements muss man allerdings die Frage stellen, ob dies nicht auch ein indirektes Eingeständnis der eigenen Machtlosigkeit im Spielfeld der Interessensgruppen in der Gesundheitspolitik ist. Man kann es aber auch andersherum sehen: Haben die Zahnärzte nicht gemeinsam mit ihren Patienten das Beste aus der Kassenvertragssituation gemacht, eben Zahnheilkunde State of the Art privat geboten und geleistet?

Richtig aber ist, dass die Versorgung der breiten Gruppen der Bevölkerung in der Zahnheilkunde sich am Kassen-Versorgungsangebot, sprich am Geld, was die Kassen wofür und überhaupt zu bezahlen bereit sind, orientiert. Ganz deutlich beschreibt das im „Prophylaxe Impuls“ Prof. Dr. J. F. Roulet, Schweizer, jahrelang Professor an der Charité Berlin, dann in der Forschung bei Ivoclar Vivadent in Liechtenstein, nun Universitätsprofessor in Florida/USA, wo er sowohl im Studentenkurs in der Uniklinik wie an der DH-Schule tätig ist.

Roulet schreibt unter dem Titel „Krankenversicherung: Segen oder Fluch?“ zur Situation in den USA, wo für die „Zahnmedizin kein Versicherungszwang“ und keine staatliche Absicherung besteht: „Während sich jene, die am oberen Ende der Sozialpyramide stehen, den sehr teuren Zahnarzt leisten können, ebenso wie die Krankenversicherung, stehen jene im Mittelfeld oder gar die vielen an oder unter der Armutsgrenze mit leeren Händen da und in der Regel mit viel Karies und Parodontitis. An beiden Institutionen, Schule, Studentenkurs, sehe ich orale Zustände, weit schlimmer als ich sie je gesehen habe (multiple Karies bis zur Gingiva, Parodontitis bis zum Apex usw.). Die Folgen von jahrelanger, jahrzehntelanger Abstinenz vom Zahnarztbesuch aus finanziellen Gründen. Zudem steckt die Prophylaxe in den Kinderschuhen.“ – „Experten“, so ebenfalls in den Zahnärztekammer-Foldern, „schlagen Alarm über den schlechten Zahngesundheitszustand der Österreicher“ und so heißt es weiter: „Wir niedergelassenen Zahn­ärztinnen und Zahnärzte wollen Sie auch weiterhin auf dem neuesten Stand der Wissenschaft, kompetent und vor Ort behandeln dürfen – und das auch ,auf Krankenschein‘.“

Die Erfüllung dieser Forderung bedeutet schlicht und einfach eine Vervielfachung des Kassenbudgets, das für die Zahnheilkunde zur Verfügung gestellt werden müsste. Realistisch? Wohl nicht! Müsste dazu doch die Gesundheitspolitik endlich in den Fokus der Interessen der Politik geraten und dann im Gesundheitskonzert widerstrebender Gruppen (Krankenkassen, Ärzte, Heil-Hilfsberufe, Zahnärzte, Pharma etc.) die Zahnärzteschaft versuchen, mit ihren Forderungen ganz oben an­zustehen. Realistisch? Wohl nicht!

Wirklich mehr Geld für die Zahnheilkunde im Kassensystem wird es nicht geben. Bleibt als Ausweg, es anders einzusetzen, also für eine zahnmedizinische Grundversorgung, und weitere Mittel z.B. im Bereich der Füllungstherapien oder Prothetik als Festzuschussbeträge im Rahmen eines Privatver­sorgungsvertrages in Abmachung von Zahnarzt und Patient. Übrigens, es kann nur besser werden,

toi, toi, toi, Ihr J. Pischel

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