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Wissen, was geht

Dr. Georg Piehslinger

Dr. Georg Piehslinger

Fr. 11 Juni 2010

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WIEN – Die Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Parodontologie (ÖGP) Mitte April stand heuer unter dem Motto „Wissen, was geht“. Der Kongress in  St. Wolfgang sollte einen aktuellen Überblick über bewährte und wichtige Themen in der Parodontologie geben.

Am Donnerstag fanden 15 Workshops zu Themen wie Kommunikation mit Patienten/-innen, aber auch innerhalb des Ordinationsteams, Zeit- und Prioritätenmanagement, Zahnreinigung maschinell und mit Handinstrumenten bis hin zu parodontalchirurgischen und implantologischen Themen statt und waren sehr gut gebucht. Teilweise hätten sich die Vortragenden auf Grund des Andranges verdoppeln können und vielen Teilnehmer/-innen war die zur Verfügung stehende Zeit viel zu kurz. Beides spricht für die hohe Qualität der angebotenen Veranstaltungen und für das lebhafte Interesse der Hörerinnen und Hörer.

Dr. Gernot Wimmer ging in seinem wissenschaftlich äußerst gut fundierten Vortrag auf die modulierenden Einflüsse des Stresses auf die Parodontitis ein. Im vierten Jahrhundert v. Ch. fand eine Erkrankung bei griechischen Soldaten Erwähnung, die später „Trench-Mouth-Syndrome“ genannt wurde. Die Einflüsse kommen über Verhaltensänderungen (Selbstvernachlässigung), Unterdrückung des Immunsystems durch Hormone (Kortisol) und Einflüsse des vegetativen Nervensystems zu Stande. Einen wesentlichen Einfluss hat die sog. Copingstrategie des Patienten. Patienten, die zu defensivem Coping neigen (ich kann nichts dafür, ich bewältige meine Probleme besser als andere), haben schlechtere Parodontalwerte als solche, die ablenkende Strategien haben. Weiters konnte Wimmer einen positiven Einfluss der Parodontaltherapie auf die relative Alpha-Power bei der Elektroenzephalografie (EEG) und damit auf die Normalisierung der elektrischen Gehirnwellen nachweisen. Aus dem Gesagten lässt sich die große Bedeutung der Patientenführung in der Parodontitistherapie ableiten, die neben der fachlichen Qualifikation nicht vernachlässigt werden darf.

Nach dem Paromasterkurses durch Dr. Corinna Bruckmann begann die Periimplantitis-Session. Alle Vortragenden waren sich einig, dass die Datenlage bei dieser „erst“ ca. 30 Jahre alten Behandlungsmethode erschreckend dünn ist. Ch. Ramseier aus Bern machte auf die hohe Prävalenz der Periimplantitis und der periimplantären Mukositis aufmerksam. Ein Review aus sechs Studien ergab Werte von 50 Prozent der Implantate bei 80 Prozent der Implantatträger. Mit fortlaufender Anwendung dieser Therapieoption werden die Häufigkeiten noch stark steigen.

Prof. DDr. Matthias Folwacny aus München ging auf die verschiedenen Möglichkeiten der Lasertherapie ein und betonte die Notwendigkeit, die Implantatoberfläche nicht zu verändern, da sie wesentlichen Einfluss auf den Erfolg der Re-Osseointegration der Implantate hat. Er war in der Lage, eine schwache Empfehlung für den ER:YAG Laser und das Konzept der photodynamischen Therapie zu geben.

Auf dem Gesellschaftsabend im CircusCircus wurden die Gebietsvertreter der ÖGP vorgestellt, den Absolventen/-innen des ersten Paromasters das Diplom zum „Spezialisten für Parodontologie der ÖGP“ überreicht und dann gab es das Buffet und ein schwungvolles Programm der Bad Powells, das uns bis in die späte Nacht führte. Die gute Stimmung sorgte für eine volle Tanzfläche und beflügelte so manchen Teilnehmer bis in den frühen Morgen.

Dr. Christoph Ramseier bearbeitete dann das Thema der Tabakentwöhnung. Er ging auf physiologische Komponenten, wie die Reduktion der Nikotinrezeptoren, und auf die psychologischen Faktoren, wie etwa 80.000 Inhalationen täglich bei einem Konsum von 20 Zigaretten ein. Die Kombination von Sucht und Abhängigkeit wird Tabakerkrankung genannt. Ein sogenannter ambivalenter Raucher benötigt oftmals kurze, häufige Interventionen von außen, auch durch den Zahnarzt und sein Team, um die Motivation zum Rauchstopp aufbringen zu können. Auf professionelle Hilfe für Ärzte/-innen und Patienten/-innen kann über das Rauchertelefon (s. Artikel Rauchstopp per Telefon) zugegriffen werden. Die Erfahrung lehrt, dass mit einem Erfolg von 30 bis 40 Prozent über ein Jahr zu rechnen ist und dass es bei einem starken Raucher zu 3 bis 4 Rückfällen kommt.

Der Rest des Tages gehörte der mukogingivalen Chirurgie, die besser plastische Parodontalchirurgie genannt werden soll. Im ersten Vortrag beleuchtete Univ.-Ass. Michael Müller aus Wien Definition, Ätiologie und Einteilung in Millerklassen der gingivalen Rezessionen. Das größte Problem scheint die Putztechnik (Schrubben) zu sein, die leider recht schwer zu verändern ist, wodurch die Gefahr eines Rezidivs gegeben ist. Weiters gab er einen kurzen Überblick über die wesentlichen Operationstechniken und deren Indikationen aus der Sicht der Wiener Zahnklinik.

Im zweiten Vortrag ging Dr. Michael Stimmelmayr aus Cham/Bayern auf die Tunneltechnik mit Bindegewebe oder mit einem Bindegewebe- Schleimhauttransplantat ein. Er sieht die Vorteile in dem wesentlich geringeren Operationstrauma und den intakten Papillen. Nachteilig beurteilt er die Gefahr der Lappenperforation und den hohen Anforderungen an den Operateur.
Das Helferinnenprogramm lehnte sich wie immer stark an das Programm für Zahnärzte/-innen an und deckte zusätzlich noch die Bereiche Kommunikation, auch mit dem wenig kooperativen Patienten und dem kindlichen Patienten ab und widmete sich noch etlichen weiteren Themen.

Der ÖGP-Jahreskongress fand in St. Wolfgang im Scalaria statt. (Fotos: ÖGP)

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