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LEIPZIG – Während der Kariesbefall bei Jugendlichen und Erwachsenen immer mehr zurückgedrängt wurde, nehmen frühe Formen der „Zahnfäule“ zu: Saugerflaschen- und Milchzahnkaries. Jeannette Enders, Chefredakteurin der Dental Tribune Germany, sprach mit Prof. Dr. Christian Hirsch über diese Formen der Karies, ihre derzeitige Ausbreitung und Folgen sowie über wirksame Präventionsmaßnahmen. Hirsch ist der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGK) und Leiter der Selbstständigen Abteilung für Kinderzahnheilkunde und Primärprophylaxe am Universitätsklinikum Leipzig.
Jeannette Enders: Kariesbefall in der bleibenden Dentition ist in Deutschland seit Jahren rückläufig, ein sehr positiver Aspekt. Doch es gibt eine Schattenseite: Das ausufernde Problem der Milchzahnkaries. Was können Sie zum aktuellen Stand des Problems in Deutschland sagen?
Prof. Dr. Hirsch: Wir haben derzeit zwei Trends: zum einen, dass wir die Karies im bleibenden Gebiss auf ein sehr niedriges Niveau zurückdrängen konnten. Damit haben wir auch international einen guten Stand. Hier sind die Präventionsmaßnahmen, wie breitenwirksame Fluoridierung etwa von Zahnpasten
und Speisesalz, aber auch Versiegelung und engmaschige gute zahnärztliche Versorgung in Deutschland, wirksam geworden. Anders sieht die Situation im Milchgebiss aus, da wir hier seit Jahren das Problem der frühkindlichen Karies, und speziell die sogenannte Saugerflaschenkaries als spezifisches Krankheitsbild beobachten.
Könnten Sie kurz auf die Unterscheidung von Milchzahn- und Saugerflaschenkaries eingehen?
Wenn bei Kindern im Vorschulalter an den Milchzähnen kariöse Schäden auftreten, spricht man generell von frühkindlicher Karies. Dabei werden mehrere Formen unterschieden, je nachdem auf welche Art die Karies entstand. Eine dieser Kariesformen, die speziell infolge des übermäßigen und stark verlängerten Gebrauches von Saugerflaschen mit gesüßten oder säurehaltigen Getränken entsteht, wird folgerichtig als Saugerflaschenkaries bezeichnet.
Wann und wie ist Milchzahnkaries erkennbar?
Für den Patienten ist sie dann zu erkennen, wenn erstens der Befund sichtbar wird und zweitens Symptome verursacht. Das Kind merkt die Karies im Regelfall jedoch erst, wenn diese Symptome hervorruft, nämlich Schmerzen. Und dann ist es natürlich schon zu spät zur Krankheitsvorbeugung. Der Fachmann kann die kariösen Schäden relativ leicht in ihren Frühstadien erkennen, dass heißt, wenn für den Patienten selbst noch keine Symptome zu erkennen sind. Deswegen ist die zahnärztliche Kontrolle bei Kleinkindern ein entscheidender Moment, um dem Krankheitsverlauf entsprechend vorzubeugen.
Verläuft jede Milchzahnkaries gleich?
Der reine biochemische Mechanismus ist bei allen Kariesformen identisch. Das heißt, es kommt durch Säuren aus der Nahrung oder aus dem Stoffwechsel von Plaque-Bakterien zur Entkalkung der Zähne. Jedoch die Art und Weise, wie die Bakterien das Substrat zugeführt bekommen, ist unterschiedlich.
Das kann über die Flaschengabe oder aber über Nahrungsmittel, wie klebrige Süßigkeiten, sein.
Was ist das Charakteristische an der Saugerflaschenkaries?
Bei der Saugerflaschenkaries sind stets bestimmte Zahngruppen besonders betroffen, nämlich die Oberkieferfront- und Backenzähne und zwar in der Reihenfolge ihres Durchbruches in die Mundhöhle. Durch den unsachgemäßen Flaschengebrauch werden die Zähne ständig von den kariogenen Flüssigkeiten umspült und können innerhalb weniger Monate zerstört werden. Karies, die im späteren Kindesalter entsteht, kann sich auch an anderen Zähnen, wie den Backenzähnen des Unterkiefers, niederschlagen.
Wie kann überhaupt eine Sanierung erfolgen, sicherlich nur unter Intubationsnarkose?
Wenn Zahnschäden aufgetreten sind, die auch mit Symptomen, das heißt mit Schmerzen verbunden sind, dann ist meisauch ein dringender Behandlungsbedarf erforderlich. Je größer der Behandlungsbedarf und je kleiner das Kind ist, desto eher muss eine Zahnsanierung in Intubationsnarkose erfolgen. Das ist eine Therapiemaßnahme, die relativ häufig durchgeführt werden muss. Wir schätzen, dass etwa fünf Prozent der Kinder eines Jahrgangs eine solche zahnärztliche
Sanierung unter Narkose absolvieren müssen, um die Zahnschäden adäquat therapieren zu können. Gegenwärtig bestehen hier Engpässe hinsichtlich der Finanzierung der Anästhesieleistungen, wobei die betroffenen Kinder die Leidtragenden sind.
Welche medizinischen und psychosozialen Folgen hat das für die Kinder hinsichtlich ihrer Lebensqualität?
Bei der Saugerflaschenkaries handelt es sich um ein schwerwiegendes Krankheitsbild, insbesondere dann, wenn viele Zähne zerstört sind. Dabei hat das Kind die Probleme nicht nur in der Mundhöhle. Es kommt zu einer Störung der Gebiss- und der Sprachentwicklung, das Aussehen ist stark beeinträchtigt.
Sozial hat das schwerwiegende Auswirkungen, wenn es beispielsweise zu Hänseleien und Ausgrenzung im Kindergarten kommt.
Des Weiteren kommt es häufig zu Zahnschäden auch im bleibenden Gebiss, da die Karies von den Milchzähnen auf das bleibende Gebiss übertragen wird. Bleibende Zähne und Milchzähne sind etwa fünf bis sechs Jahre zusammen im Mund. Wenn die bleibenden Zähne in eine Mundhöhle durchbrechen, der voller kariöser Milchzähne ist, dann bekommen die bleibenden Zähne natürlich viel schneller Schäden.
In Marburger Kindergärten mit hohem Kariesaufkommen wurde neben fluoridierter Zahnpasta auch Fluoridapplikationen mit Lacken angewandt. Was halten Sie davon?
Es gibt für die lokale Anwendung von Fluoridpräparaten, sei es als Fluoridlack, als Gel oder als Spüllösung, jeweils eine hohe Evidenz, dass diese Maßnahmen kariesvorbeugend wirken. Man muss einzig darauf achten, dass eine dem Alter angemessene Form der Fluoridapplikation gewählt wird. So wird man sehr kleinen Kindern beispielsweise keine Spüllösung geben können. Dafür könnte man den Kleinkinderneinen entsprechenden Lack auf die Zähne auftragen, was bereits in einigen Kindergärten mit Zustimmung der Eltern gemacht wird. Unter zahnärztlicher Kontrolle und entsprechender Dosierung ist dies eine gute Maßnahme zur Kariesvorbeugung.
Die Zielsetzung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) bis 2020 ist, zu 80 Prozent Kariesfreiheit bei sechs- bis siebenjährigen Kindern zu erreichen. Sicher müssen den entscheidenden Beitrag die Eltern leisten. Was muss und kann Ihrer Meinung nach der Zahnarzt bei erhöhtem Kariesrisiko tun?
Welchen Einfluss sollte er auf präventive Maßnahmen nehmen?
Zunächst einmal sind wir von dem Ziel, 70 bis 80 Prozent Kariesfreiheit bei Vorschulkindern zu erreichen, ganz weit entfernt! Wir haben derzeit einen Wert in Deutschland bei etwa 50 Prozent! Wir haben also nur die Hälfte der Kinder, die wirklich kariesfrei ist. Es kommt hinzu, dass viele der Milchzahndefekte nicht repariert sind, weil die zahnärztliche Behandlung von Kindern generell schwieriger ist und im Vergleich zur zahnärztlichen Behandlung von Erwachsenen schlechter bezahlt wird, in Relation gesehen. Wenn Sie für eine Füllung die doppelte Zeit brauchen, weil die entsprechende Vorbehandlung eines Kindes viel länger dauert als bei einem Erwachsenen, ist klar, warum dort ein Nachholbedarf besteht.
Ein Grundproblem ist der Umstand, wie oder auf welche Weise die betroffenen Kinder dem Zahnarzt zugeführt werden. Sind diese einmal dem Zahnarzt vorgestellt, dann hat dieser sein Standardrepertoire
an Prophylaxemaßnahmen, dass er entsprechend anwenden kann. Das eigentliche Problem sind die Kinder und Eltern, die nicht zum Zahnarzt gehen. Es ist also weniger die Frage, was kann der Zahnarzt tun, sondern vielmehr, wie bekommt man die Betroffenen zum Zahnarzt?
Könnte denn nicht generell eine zahnärztliche Pflichtuntersuchung ab einem bestimmten Alter des Kindes eingeführt werden? Beispielsweise in Form ähnlich der Früherkennungsuntersuchungen?
Genau solche Überlegungen gibt es, dass man eine der Vorsorgeuntersuchungen in die Zahnarztpraxis
verlagert. Das muss natürlich in enger Abstimmung mit der Pädiatrie erfolgen. Wir sehen eine zusätzliche U-Untersuchung, welche ja gewissermaßen mit den zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen schon eingeführt ist, als notwendig an. Allerdings greift diese mit der Möglichkeit ab dem 30. Monat viel zu spät. Die zahnärztliche Früherkennungsuntersuchung muss wesentlich früher stattfinden.
Bundesweit haben alle Kinder Anspruch auf zahnärztliche Prophylaxemaßnahmen und auf Untersuchungen ihres Gebisses. Doch auch hier gilt das bereits angesprochene Problem: Wie bekomme ich die Betroffenen überhaupt in die zahnärztliche Sprechstunde zur Früherkennungsuntersuchung und zur Prophylaxe? Das ist das eigentliche Problem!
Wann würden Sie eine frühzeitige zahnärztliche Betreuung für sinnvoll halten?
Der ideale Zeitpunkt wäre, das Kind mit dem Durchbruch der Zähne dem Zahnarzt vorzustellen. Das ist in Regel zwischen sechs und sieben Monaten, das heißt, zum ersten Geburtstag sollte das Kind bereits einmal bei einem Zahnarzt gewesen sein. Dort kann man bereits Frühsymptome von Zahnschäden erkennen, die aufgrund von Ernährungs- und Hygienemängeln entstehen, und man kann in dieser Phase eine viel wirksamere Vorbeugung durchführen.
Wäre es nicht wesentlich, wenn jeder Kinderarzt mit dem jeweiligen Zahnarzt des kleinen Patienten eng zusammenarbeiten würde?
Viele Kinderärzte überweisen betroffene Kinder auch zum Zahnarzt, oft allerdings erst dann, wenn die Symptome auch für den Laien sichtbar werden. Ein gravierendes Problem ist, das immer mehr Eltern nicht einmal mehr für die U-Untersuchungen zum Kinderarzt kommen. Es sind die sowieso schon vernachlässigten Kinder, die dann erst recht nicht dem Zahnarzt vorgestellt werden. Durch Mängel in der Ernährung oder vernachlässigte Hygiene kommt es dann zu massiven Zahnschäden – und wie Sie sicher wissen, sind Zahnschäden eine Form von Kindesvernachlässigung!
Hat das zugenommen?
Ja, wir beobachten eine Polarisierung des Kariesbefalls, wobei sich Zahnschäden insbesondere bei denjenigen Kindern häufen, die Präventionsleistungen nicht in Anspruch nehmen. Deren Eltern haben meist selbst keine gesunde Lebensweise.
Wie kann der Kinderarzt und wie der (Kinder-)Zahnarzt zur Kariesfreiheit beitragen? Welche
Empfehlungen geben Sie?
Dies zu beantworten ist eine nicht ganz einfache Thematik, da es sich um einen Bereich handelt, in dem es fachliche Kompetenzüberschneidungen gibt. Für die Gesundheit des Kindes zuständig und erster Ansprechpartner ist der Kinderarzt. Für die orale Gesundheit sind die Kompetenzen des Zahnarztes jedoch unerlässlich. Daneben haben auch Hebammen einen großen Einfluss auf die Mütter. Sie können in der Phase der Betreuung der Mutter und des Kindes nach der Geburt bereits aktiv werden hinsichtlich der Mundgesundheit. Kinderärzte und Hebammen sollten sich im Themenbereich Zahnentwicklung und Frühformen von Zahnschäden entsprechend fortbilden.
Umgekehrt brauchen auch Zahnärzte viel mehr Wissen über Pädiatrie. Das wird in der Ausbildung wenig oder gar nicht behandelt. Wir bieten daher in den Fortbildungen der DGK regelmäßig pädiatrische Themen an und klären die Zahnärzte über allgemeine Themen, wie Ernährung, Entwicklungsstörungen, Verhaltensstörungen wie Aufmerksamkeitsstörungen, die ja letztendlich auch was mit der zahnärztlichen Behandlung zu tun haben, auf. Beide Berufsgruppen müssen sich aufeinander zu bewegen. Das Wissen muss sich überschneiden – im Interesse der Gesundheit der Kinder.
Prof. Dr. Hirsch, ich danke Ihnen sehr für dieses ausführliche Gespräch!
Erschienen in der Dental Tribune Germany 7/2009.
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