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Für die Zukunft bleibt noch viel zu tun

Vortrag auf dem heurigen Österreichischen Zahnärztekongress. (Foto: Sulzer/ZÄK 2010)
Univ-.Prof. Dr. Ales Celar, DDr. Barbara Cvikl, Univ.-Prof. Dr. Barbara Gsellmann, DDr. Martin Krainhöfner, Dr. Michael Müller, Univ.-Prof. DDr. Eva Piehslinger, Prof. DDr. Werner Zechner

Univ-.Prof. Dr. Ales Celar, DDr. Barbara Cvikl, Univ.-Prof. Dr. Barbara Gsellmann, DDr. Martin Krainhöfner, Dr. Michael Müller, Univ.-Prof. DDr. Eva Piehslinger, Prof. DDr. Werner Zechner

So. 12 Dezember 2010

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WIEN – Der heurige Österreichische Zahnärztekongress thematisierte die Spezialisierung der zahnmedizinischen Fachbereiche.

Im Rahmen des diesjährigen Zahnärztekongresses der Wiener Hofburg wurde in einem eigenen Vortragsblock über die jüngsten Forschungsergebnisse in der Laserzahnheilkunde berichtet. Ein Teil der Vorträge befasste sich hauptsächlich mit der Möglichkeit des Laserbleachings. Durch die exakte Energiezufuhr mittels Laser kann die Effizienz von Bleachinggels bei gleichzeitiger maximaler Schonung der Zahnhartsubstanz deutlich gesteigert werden.

Weitere Vorträge befassten sich mit dem Thema des adhäsiven Verbundes nach Laserpräparation. Hierbei wurde ein in der Literatur sehr kontrovers diskutiertes Thema anhand neuester Ergebnisse von Forschungsprojekten – geleitet von Univ.-Prof. DDr. Andreas Moritz – an der Wiener Bernhard-Gottlieb-Universitätklinik thematisiert. Es konnte anhand mehrerer Studien gezeigt werden, dass der adhäsive Verbund zwischen Keramik und Zahn bzw. zwischen Kompositmaterial und Zahn nicht nur gleiche, sondern sogar höhere Haftwerte erzielte als nach Phosphorsäureätzung. Diese Ergebnisse wurden zusätzlich noch durch rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen bestätigt. Somit können die Vorteile der Laserpräparation wie kontaktloses, vibrationsarmes Arbeiten bei geringerer Schmerzempfindung durch den Patienten sowie die bakterizide und oberflächenvergrößernde Wirkung noch durch höhere Haftwerte bei adhäsivem Verbund und größere Effizienz beim Bleaching verstärkt werden

Funktionsstörungen
Zwei Vortragsblöcke wurden der interdisziplinären Thematik der Funktionsstörungen und dem Gesichtsschmerz gewidmet. Im ersten Vortragsblock referierte Univ.-Prof. DDr. Eva Piehslinger über „Nichtinvasive therapeutische Verfahren bei Patienten mit Funktionsstörungen im Kauorgan“. Es wurde besonders darauf hingewiesen, dass im Rahmen komplexer Restaurationen der Vortherapie ein hoher Stellenwert zukommt. Diese ist als interdisziplinäres Projekt zu verstehen und eine okklusale Rehabilitation kann erst nach erfolgter Harmonisierung im muskuloskelettalen System begonnen werden. Besonderes Augenmerk muss auf Okklusionsstörungen, falsche Bisshöhe, wie zu niedrige Vertikaldimension durch Zahnverlust, Abrasion oder inadäquaten Zahnersatz gelegt werden. Die Funktionsstörungen kamen auch in anderen Vortragsblöcken zur Sprache. So berichtete Prof. DDr. Stefan Kopp, Deutschland, in seinem Vortrag „Kiefergelenk als Teil des Bewegungssystems“ über evidenzbasierte Zusammenhänge von Wirbelsäule und Unterkiefer-Lage. Besondere Bedeutung wird dabei der dreidimensionalen Unterkieferposition im Sinne auf- und absteigender Funktionsketten beigemessen.

Parodontologie
Auch die Parodontologen präsentierten innovative und richtungsweisende Trends auf dem Zahnärztekongress 2010. Die Vorträge zeigten, wie wichtig es ist, etablierte klinische Behandlungsabläufe zu initialisieren und zu verfolgen, um einerseits ein effizientes Biofilmmanagment und andererseits eine zusätzliche Keimzahlreduktion zu erzielen. Übliche Hygienemittel und -maßnahmen sind nicht in der Lage, die rasche Neubildung zu inhibieren. In diesem Zusammenhang wurde auch die antimikrobielle photodynamische Therapie, eine mittlerweile standardisierte Methode der lokalen Bakterienelimination ohne Nebenwirkung, vorgestellt und diskutiert. Inzidenz und genetische Nachweismethoden bei der aggressiven Parodontitis zeigte Prof. DDr. Huanxin Meng auf. Zahlreiche Studien der Bernhard-Gottlieb-Universitätszahnklinik wiesen Entzündungsmediatoren im Speichel oder in der Sulkusflüssigkeit und neue prognostische Parameter als auch Marker nach. Bei den freien Vorträgen wurde eine Studie vorgestellt, die eine alternative Methode zur Konkrementdetektion mit hoher Sensitivität und Spezifität aufwies. In diesem Forum wurden auch klinische Fallpräsentationen gezeigt, die Aufschluss über die mögliche chirurgische Wiederherstellung der Hygienefähigkeit und ihre Bedeutung präsentierten. Weiters wurden Therapieoptionen für Rezessionen der Miller-Klasse III und IV vorgestellt. Auch anatomische Studien, die wichtige Strukturen in der Parodontologie als auch in der Implantologie vorstellten, wurden mit zahlreichen Abbildungen dargeboten. Hervorzuheben ist die Studie über Unterschiede des Margo alveolaris und deren histologische Nachweisbarkeit, die in Erinnerung an Univ.-Prof. Dr. Karl Donath vorgetragen wurde. Die Frage, ob Implantate die besseren Zähne seien, wurde ebenfalls diskutiert und einen Konsens erarbeitet: „Eigene Zähne sind oft mit wesentlich weniger Aufwand und finanziellen Mitteln erhaltenswert.“

Kieferorthopädie
Der kieferorthopädische Teil des heurigen Zahnärztekongresses wurde, wie in den vergangenen Jahren, hauptsächlich von Vortragenden aus den drei Universitätsstädten bestritten. Dem Hauptthema folgend, wurden drei Schwerpunkte gesetzt. Zunächst wurden Fallbeispiele, denen innovative Maßnahmen gemeinsam waren, wie beispielsweise lokale dentoalveoläre Distraktionsosteogenese, in allen Schritten detailfreudig vorgestellt. Speziell bei Ankylosen im Frontzahnbereich mit konsekutiver lokaler Wachstumshemmung kann dieses Verfahren als Überbrückung zu einer späteren definitiven Versorgung eingesetzt werden. In einem zweiten Schritt wurde auf den Begriff „Evidence based dentistry“ eingegangen. Er darf weder nur als rhetorische Keule in der fachspezifischen Diskussion über Behandlungsmethoden und -zeitpunkt noch als Schlagwort einer unreflektierten Fachmeinung aus dem Elfenbeinturm pseudoelitärer Einrichtungen verstanden werden. Vielmehr steht der individuelle Patient mit seinen Bedürfnissen im Vordergrund. Eine sorgfältige Diagnosestellung und -setzung geeigneter Therapieziele im Kontext der psychosozialen Begebenheiten erlauben therapeutisches Handeln abseits medizinisch-ökonomischer Kosten-Nutzen-Studien. Der dritte Schwerpunkt ging auf die Geschichte ein: Seit über hundert Jahren existiert die Kieferorthopädie als etabliertes Fachgebiet innerhalb der Zahnheilkunde. Überall auf der Welt gibt es universitäre Lehrgänge zur Spezialisierung, die vor allem im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts eine große Schar engagierter Kieferorthopäden/-innen hervorgebracht haben. Nur so war es möglich, anfänglich gescheiterte therapeutische Konzepte praxistauglich zu machen. Beispielhaft wurde auf das brillante Konzept des Herbst-Scharniers verwiesen, das einfach 1904 seiner Zeit voraus war. Auf dem Gebiet der Grundlagenforschung konnten wichtige Aspekte der Materialienkunde und der „Histologie der Zahnbewegung“ auch auf molekularer Ebene geklärt werden. Dennoch ist zurzeit „die optimale orthodontische Kraft und Kraftdauer“ nicht gefunden. Für die Zukunft bleibt also noch viel zu tun.

In einem Block referierte zunächst Univ.-Prof. Dr. Christof Pertl, Graz, über die Komplikationen der Sinusbodenelevation mit dem thematischen Schwerpunkt der eigenen klinischen Erfahrungen von 357 Fällen. Pertl zeigte dabei nicht nur intraoperativ auftretende Komplikationen auf, sondern stellte auch deren Management im Detail vor. Univ.-Doz. Dr. Xiaohui Rausch-Fan, Wien, berichtete in ihrem Vortrag „Okklusales Trauma als Risikofaktor bei Parodontitis – klinisches Management bei Parodontitis gravis“ über die okklusale Korrektur als wesentliche Ergänzungstherapie einer parodontalen Behandlung. Darüber hinaus betonte die Referentin, dass vor allem interdisziplinäre Therapieansätze bei Fällen von fortgeschrittener Parodontitis und Malokklusion erforderlich sind. In seinem Vortrag „Die Sofortimplantation – provokante Konzepte“ zeigte Univ.-Prof. DDr. Gabor Tepper, Wien, die Möglichkeiten und Grenzen der Sofortimplantation anhand zahlreicher und unterschiedlichster Fallbeispiele und mit Verweisen auf die aktuelle Literatur auf.

In einem oralchirurgisch-implantologischen Block referierte Univ.-Prof. DDr. Georg Watzek, Wien, über die limitierte Knochenhöhe im Oberkieferseitenzahnbereich sowie über die Entscheidungskriterien verschiedener Therapiekonzepte. Anhand der aktuellen Literatur und klinischen Fallbeispielen wurden die Konzepte von extrem kurzen Implantaten, selektiv gesetzten Implantaten, Pterygoidimplantaten, Zygoma-Implantaten und die Implantation nach Sinusliftoperation diskutiert. Abschließend referierte Dr. Karl Ackermann, Deutschland, über Grundlagen der alveolären Augmentation zur Wiederherstellung vertikaler Knochendefekte in der ästhetischen Zone. Einen besonderen Stellenwert nahm in seinem Vortrag die dentoalveoläre Osteodistraktion ein und zeigte grundlegende Unterschiede zu konventionellen Augmentationstechniken auf.

Beim Österreichischen Zahnärztekongress 2010 waren auch sechs Blöcke für zahnärztliche Assistentinnen auf dem Programm. Alles in allem bot der Zahnärtekongress einen guten Überblick über die jüngsten Erkenntnisse in den zahnmedizinischen Fachbereichen.

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