WIEN – Österreich gehört zu den wenigen Ländern in der EU, in denen der Beruf des “Fachzahnarztes bzw. der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie” noch nicht gemäß den europarechtlichen Vorgaben geregelt ist. Dies soll durch eine entsprechende Regierungsvorlage, die heute einstimmig im Gesundheitsausschuss beschlossen wurde, nachgeholt werden.
Im Konkreten werden durch die Novellierung des Zahnärztegesetzes eine eigene Berufsbezeichnung etabliert sowie die Ausbildungsvoraussetzungen definiert. Da damit auch neue Aufgaben für die berufsrechtliche Kammer verbunden sind, wird auch das Zahnärztekammergesetz angepasst. In Kraft treten sollen die neuen Bestimmungen ab 1. September 2022.
Gesetzliche Verankerung des Fachzahnarztes bzw. der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie und Ausbildung auf internationalem Niveau
Als Qualifikationsnachweis gilt in Hinkunft der Abschluss einer postpromotionellen fachzahnärztlichen Ausbildung in der Kieferorthopädie, die ein theoretisches und praktisches Studium in Form eines zumindest dreijährigen Universitätslehrgangs auf Vollzeitbasis umfasst, heißt es im Entwurf zum Fachzahnarzt-Kieferorthopädie-Gesetz (1435 d.B.).Teile der praktischen Ausbildung können dabei in einer anerkannten kieferorthopädischen Lehrpraxis oder in einem Lehrambulatorium absolviert werden. Nähere Bestimmungen über die Inhalte, das Qualifikationsprofil, die Abschlussprüfung sowie den Abschluss der fachzahnärztlichen Ausbildung in der Kieferorthopädie sind vom Gesundheitsminister im Einvernehmen mit dem Bildungsminister durch Verordnung festzulegen.
Für die neue Berufsbezeichnung "Fachzahnarzt bzw. Fachzahnärztin für Kieferorthopädie" können sich Angehörige des zahnärztlichen Berufs auch dann qualifizieren, wenn sie die unter dem Titel "erworbene Rechte" angeführten Voraussetzungen erfüllen. Dazu zählen folgende Anforderungen: Abschluss einer entsprechenden kieferorthopädischen Ausbildung, die vor dem 1. September 2022 begonnen wurde, mindestens fünfjährige Ausübung des zahnärztlichen Berufs in Österreich innerhalb der letzten zehn Jahre, mindestens drei Jahre überwiegende kieferorthopädische Tätigkeit in den letzten fünf Jahren sowie Überprüfung der Qualifikationen durch eine Prüfungskommission.
Die Regierungsvorlage dient auch der Umsetzung der EU-Richtlinie über die Ausübung der Patient:innenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung sowie der Durchführungsverordnung betreffend das Verfahren zur Ausstellung des Europäischen Berufsausweises. Dadurch wird die gegenseitige Anerkennung der kieferorthopädischen Fachqualifikationen im EU-Raum sichergestellt. Weiters sind Änderungen im Zahnärztekammergesetz erforderlich, wobei es vor allem um die Anerkennung von kieferorthopädischen Lehrpraxen und Lehrambulatorien sowie um die Ausstellung von Berufsbescheinigungen geht. Da die im Zusammenhang mit den neuen ausbildungs- und berufsrechtlichen Regelungen der österreichischen Zahnärztekammer zugeordneten Aufgaben im übertragenen Wirkungsbereich wahrgenommen werden, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht die Zustimmung der Ländern erforderlich.
Ein damit in Verhandlung stehender Entschließungsantrag der Freiheitlichen, die schon seit längerem die Einführung einer staatlich geregelten universitären und klinischen Ausbildung für eine Spezialisierung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie gefordert haben, gilt als miterledigt (1837/A(E)).
Die Einbindung aller Stakeholder habe zu einem guten Ergebnis geführt, war Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne) überzeugt, der die coronabedingte Verzögerung bei der Vorlage des Entwurfs einräumte. Der Beruf des Kieferorthopäden bzw. der Kieferorthopädin sei besonders bei der medizinischen Behandlung von Kindern von großer Bedeutung, weshalb eine hochkarätige Ausbildung sichergestellt sein müsse, betonte Josef Smolle (ÖVP) .
Bundesminister Johannes Rauch dankte für die gute Zusammenarbeit mit den Vertreter:innen aller Fraktionen und kündigte die baldige Umsetzung der entsprechenden Durchführungsverordnungen an.
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