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Auftanken statt Ausbrennen

Regelmäßige Pausen zum Auftanken sind wichtig. (Foto: altafulla)
Dr. med. Gisela Hruzek

Dr. med. Gisela Hruzek

Mo. 13 Dezember 2010

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WIEN – Im Artikel "Burn out – Selbstausbeutung auf Raten" habe ich aufgezeigt, warum das Thema Burn-out so wichtig ist, was es so gefährlich macht, sowie Ursachen, Entwicklung und Charakteristika dargestellt. In diesem Beitrag wird die Burn-out-Prävention thematisiert.

Einen Teufelskreis aus Überforderung und Erschöpfung, der durch eine Kombination von Persönlichkeitsmerkmalen und externen Faktoren gefördert wird. Typische Zeichen sind das Übergehen der eigenen Bedürfnisse, Verleugnung der Begrenztheit der eigenen Kräfte und unzureichende Regeneration. Burn-out ist ein schleichender Prozess und verläuft in den drei Phasen Hy-peraktivität, Rückzug und Zusammenbruch. In meinem Beitrag geht es darum, wirksame Strategien für Burn-out-Gefährdete für ein ausgeglichenes, zufriedenes und gesundes Leben aufzuzeigen.

Gesundheit und Regeneration
Ziel einer erfolgreichen Prävention ist aus meiner Sicht die nachhaltige Stärkung bzw. Wiederherstellung einer Balance in unseren jeweiligen vier Lebensbereichen: Gesundheit und Regeneration, Arbeit und Leistung, Familie und soziales Umfeld sowie Werte und Lebenssinn. Vertiefen möchte ich hier vor allem den Bereich Gesundheit und Regeneration, der in der Regel bei Burn-out-Gefährdeten diagnostizierbare Defizite und somit einen Handlungsbedarf signalisiert. Wirksame Strategien in diesem Lebensbereich stellen die wechselseitige Beeinflussung von Körper, Geist und Seele in den Mittelpunkt. Das von mir entwickelte und in der Praxis bewährte Body-Mind-Soul-Prinzip© zielt beispielsweise darauf ab, individuell so auf diese drei Ebenen einzuwirken, dass das feine dynamische Gleichgewicht als Grundlage für Gesundheit und Leistungsfähigkeit wiederhergestellt wird.

Burn-out-Ratgeber am Markt beziehen sich oft nur auf eine oder zwei dieser Ebenen. Allerdings macht es wenig Sinn, bei einem brennenden Haus nur die Zimmer mit offensichtlich hell züngelnden Flammen zu löschen – während es nebenan weiterschwelt und das Feuer jederzeit wieder ausbrechen kann. Gründliches, umfassendes und nach-haltiges Vorgehen ist daher indiziert und dringend erforderlich. Ein kurzer, kompakter Überblick über einige erfolgreiche Strategien aus meiner Praxis.

Move it: in Bewegung bleiben
Einseitige Körperhaltung, insbesondere ständiges Sitzen, ermüdet und führt zu Verspannungen, Schmerzen und Leistungsminderung. Schütteln, Strecken und Dehnen zwischendurch verhelfen dazu, den Körper aufzulockern und gut zu durchbluten. Dies hält nicht nur die Sehnen und Gelenke, sondern auch den Geist frisch und flexibel. Darüber hinaus empfehle ich regelmäßige Bewegung in freier Natur. Ein Spaziergang oder moderates Ausdauertraining wie etwa Joggen, Walking oder Radfahren an der frischen Luft beleben alle Sinne und senken den Stresshormonspiegel – kleine Ursache, große Wirkung und gut investierte Zeit. Wichtig ist dabei, eine Bewegungsart zu finden, die Spaß macht, und sich dafür feste Zeiten zu reservieren. Aufgestautes wird abgebaut, der Geist gelüftet, Endorphine werden freigesetzt, die Batterien aufgeladen und Freiraum für Neues geschaffen.

Aufatmen: Energie tanken
Die Atmung passt sich der Stimmung an und umgekehrt. Fühlt man sich wohl, atmet man ruhig und tief. Unter Druck dagegen wird die Atmung kurz und flach. Die Sauerstoffaufnahme sinkt, es kann weniger Sauerstoff zu den Organen und dem Hirn transportiert werden. Dadurch verschlechtert sich die Konzentration, Stimmung und Leistungsfähigkeit sinken. Aufatmen befreit, versorgt die Körperzellen mit frischem Sauerstoff wie Energie und hat einen entspannenden Effekt auf Gedanken und den Körper. Besonders hilfreich in kritischen Stresssituationen ist die bewusste Bauchatmung mit einer Frequenz von fünf bis sechs Atemzügen pro Minute. Sie stimuliert den Entspannungsnerv und senkt den Puls. Dies signalisiert dem Gehirn: „Ich bin ruhiger“ und führt so effektiv zu mehr Ruhe und Gelassenheit.

Aktiv Entspannen: Regenerieren
Regelmäßig und vor allem rechtzeitig Pausen für die Erholung einzulegen ist ein weiterer Schlüsselfaktor in nachhaltiger Burn-out-Prävention. Die progressive Muskelrelaxation (PMR) nach dem amerikanischen Arzt und Physiologen Edmund Jacobson gehört, wie in wissenschaftlichen Untersuchungen belegt wurde, zu den wirksamsten und erfolgreichsten Methoden für die tägliche Stressbewältigung, Gelassenheit und Entspannung. In meiner Praxis hat sich eine etwa zehnminütige Kurzform sehr bewährt, die im Sitzen oder Liegen praktisch überall durchgeführt werden kann. In einer genau festgelegten Abfolge und gleichem Rhythmus werden dabei alle größeren Muskelgruppen – Arme, Kopf, Rumpf und Beine – über eine bewusste, gezielte Anspannung aktiv in eine tiefe Entspannung gebracht.

Worauf wir fokussieren, gewinnt an Bedeutung
Grundlage für ein häufiges Überforderungsrisiko in unseren Köpfen bilden die sogenannten „inneren Antreiber“. Dies sind unbewusste Einstellungen, die wir in unserer Kindheit übernommen und als strikte Leitlinien über ein gesundes Maß hinaus verinnerlicht haben. Es handelt sich dabei um innere Zwänge, die einem vernünftigen und flexiblen Umgang mit den eigenen Ressourcen im Wege stehen und Betroffene permanent unter sehr hohen Druck setzen. In meinen Seminaren sind häufig genannte innere Antreiber: „Sei perfekt! Gib bei allem 1.000 Prozent, egal wie wichtig es ist.“; „Beeil Dich! Mach alles so schnell wie möglich, die Uhr tickt.“; oder auch „Streng Dich an! Erst wenn Du alles gegeben hast, ist es gut.“

Diese stressverschärfenden Gedanken bewirken, dass viel mehr Energie in Tätigkeiten investiert wird, als nötig und sinnvoll ist. In einem ersten Schritt geht es daher darum, eigene Antreiber zu erkennen. Darauf aufbauend werden gegengewichtige positive und motivierende Aussagen identifiziert, die als neue ressourcevolle Leitlinie dienen. Von einem: „Beeil Dich!“ hin zu: „In der Ruhe liegt die Kraft. Ich nehme mir für wichtige Aufgaben die Zeit, die ich brauche und meine Patienten schätzen das.“ Wie Daten aus der Hirnforschung eindrucksvoll belegen, lohnt es sich, sorgfältig auszuwählen, worauf wir fokussieren. Nach dem Prinzip „What wires together, fires together“ hinterlassen häufige Gedanken Denk-und Verhaltensmuster im Gehirn (Neuroplastizität des Gehirns).

Let it flow: Freude als Antidot
Freude erzeugt Flow, eine ganzheitliche Stärkung, ein psychisches Immunsystem und emotionales Schutzschild gegen Stress. Flow basiert auf einem Konzept von Prof. Dr. Mihály Csíkszentmihályi und beschreibt das völlige Aufgehen in erfüllenden Aktivitäten, die unseren persönlichen Stärken, Fähigkeiten und Neigungen entsprechen und die uns Raum und Zeit vergessen lassen. Diese können ganz unterschiedlich sein, wie Hobbys und Freizeitaktivitäten: Sport, Kultur, Geselligkeit, Kochen, Musizieren etc.; genauso wie die tägliche Arbeit, bei der aktiv Herausforderungen gesucht und gemeistert werden. Oftmals in der gesundheitsfördernden Wirksamkeit unterschätzt, gilt es, eigene Flow-Auslöser zur Stärkung der eigenen Ressourcen zu identifizieren und zu kultivieren und ihnen entsprechende Priorität im Alltag einzuräumen.

Individuelles Vorgehen ist notwendig
In meiner Praxis haben sich hierfür neben den hier genannten Strategien ganzheitliche Aspekte der Ayurveda, meditative Entspannungsverfahren, lösungsorientierte Mentaltechniken, ausgewählte Yogaübungen und ausgewogene Ernährung sehr bewährt. Wirkungsvolle Burn-out-Prävention ist so individuell wie der Mensch dahinter. So spezifisch die Ursachen und Erscheinungsformen im Einzelfall sind, so individuell muss daher auch das Auftanken neuer Kraft und Lebensfreude erfolgen.

Erschienen in der Dental Tribune Austria 12/2010

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