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Patientenaufklärung – unerlässlich für den Ordinationsalltag

Aufklärung ist unter anderem bei ausländischen Patienten knifflig. © pressmaster - Fotolia.com
Mag. Petra Eigruber

Mag. Petra Eigruber

So. 23 März 2014

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LINZ – Durch die Rechtsprechung wurden in den vergangenen Jahren immer umfassendere Anforderungen an die (zahn)ärztliche Aufklärung gestellt. Auch die Zahl der fremdsprachigen Patienten in zahnärztlichen Ordinationen ist ständig steigend. Mag. Petra Eigruber macht mit den Grundzügen der Aufklärung vertraut und stellt die wesentlichsten Eckpfeiler aus Judikatur und Lehre für die zahnärztliche Aufklärung bei fremdsprachigen Patienten dar.

1. Grundsätze der Aufklärung:

Das Zahnärztegesetz regelt erstmals die Aufklärungspflicht gegenüber Patienten. Bislang war die (zahn)ärztliche Aufklärungspflicht nicht ausdrücklich im Gesetz normiert; sie wurde jedoch durch umfangreiche Judikatur umschrieben.

Jede Art der zahnärztlichen Behandlung, welche in die Integrität des Patienten eingreift, bedarf grundsätzlich der Zustimmung der Patienten; erst eine erfolgte Zustimmung rechtfertigt einen zahnärztlichen Eingriff. Damit die Einwilligung der Patienten zur Behandlung wirksam erteilt werden kann, sind diese vom behandelnden Zahnarzt umfassend aufzuklären.

Die berufsspezifische zahnärztliche Aufklärungspflicht (§ 18 Zahnärztegesetz) umfasst die Punkte Verantwortlichkeit, Inhalt, Zeitpunkt und Art der Aufklärung.

  • Verantwortlichkeit: Wer hat aufzuklären?

Nach ständiger Judikatur obliegt die Verantwortlichkeit für die Aufklärung der Patienten ausschließlich den Zahnärzten selbst – eine Delegation an nichtärztliche Berufsgruppen ist demnach rechtlich unzulässig!

  • Inhalt: Worüber ist aufzuklären?

Die Patienten sind aufzuklären über die Diagnose, den geplanten Behandlungsablauf, die Risiken der zahnärztlichen Behandlung, die Alternativen der beziehungsweise zur zahnärztlichen Behandlung, die Kosten der zahnärztlichen Behandlung, die Folgen der zahnärztlichen Behandlung sowie die Konsequenzen eines Unterbleibens dieser Behandlung.

Die Patienten müssen auch darüber informiert werden, welche Behandlungskosten vom zuständigen Sozialversicherungsträger bzw. der Krankenfürsorge voraussichtlich übernommen werden und welche Kosten von ihnen selbst zu tragen sind.

  • Zeitpunkt: Wann ist aufzuklären?

Grundsätzlich sind die Patienten vor der Behandlung zu informieren. Der Aufklärungszeitpunkt bestimmt sich auch nach der Schwere des Eingriffes und nach dessen Dringlichkeit. Je (folgen)schwerer der Eingriff, desto mehr Zeit sollte zwischen Aufklärung und Eingriff liegen.

  • Art: Wie ist aufzuklären?

Hinsichtlich der Kosten der Behandlung schreibt das Gesetz die schriftliche Form vor. Die Aufklärung über die von den Patienten selbst zu tragenden Behandlungskosten hat in Form eines schriftlichen Heil- und Kostenplans zu erfolgen, wenn im Hinblick auf die Art und den Umfang der Behandlung wesentliche Kosten anfallen, die Kosten die in den Autonomen Honorar-Richtlinien der Österreichischen Zahnärztekammer festgelegten Honorarhöhe übersteigen oder der Patient einen schriftlichen Heil- und Kostenplan verlangt.

Alle anderen inhaltlichen Punkte der Aufklärung haben in einem eigenen Gespräch, d.h. in einem persönlichen Kontakt zwischen Zahnärzten und Patienten zu erfolgen.

Zahnärzte sind verpflichtet, die Inhalte der Autonomen Honorar-Richtlinien der Österreichischen Zahnärztekammer sowie den Betrag der „wesentlichen Kosten“ für den schriftlichen Heil- und Kostenplan in einer für die Patienten leicht ersichtlichen Form zugänglich zu machen.

Wichtig: Das Aufklärungsgespräch kann durch schriftliche Informationen und Aufklärungsblätter nicht ersetzt werden. Es sollte sorgfältig dokumentiert werden, dass die Aufklärung vollständig durchgeführt wurde und die Einwilligung der Patienten vorliegt – je detaillierter dokumentiert wird, desto besser ist die Beweislage in einem eventuellen Haftungsprozess.

In einer entsprechenden Dokumentation sollen folgende Punkte festgehalten und schriftlich protokolliert werden: Aufklärungszeitpunkt, anwesende Personen, Themen und Inhalte, Patientenreaktion und Ergebnis.

  • Kinder als Patienten: Wie gehen Zahnärzte mit der Aufklärungspflicht gegenüber Kindern um?

Bei Kindern unter 14 Jahren ist die Aufklärung und Einwilligung der Eltern zur Behandlung unabhängig von der Schwere des Eingriffes erforderlich.

Kinder über 14 Jahre, die einsichts- und urteilsfähig sind (wovon grundsätzlich ausgegangen werden kann), können eine Einwilligung zu einer zahnmedizinischen Behandlung grundsätzlich nur selbst erteilen.

Ob ein Kind einsichts- und urteilsfähig ist, ist vom behandelnden Zahnarzt im Einzelfall zu beurteilen. Diese Bewertung richtet sich danach, ob für das Kind der Grund und die Bedeutung der Behandlung einsichtig sind und das Kind seinen Willen nach dieser Einsicht bestimmen und ausrichten kann.

Eine zusätzliche Zustimmung der Eltern ist dann erforderlich, wenn die Behandlung mit einer schweren oder nachteiligen Beeinträchtigung verbunden ist. Hat das Kind in einem derartigen Fall seine Zustimmung erteilt und die Eltern verweigern aber ihre Zustimmung, so ist die Einwilligung des Kindes wirksam.

Hat allerdings das Kind die Zustimmung verweigert, kann diese nicht durch eine Zustimmung der Eltern ersetzt werden – der Wille des Kindes hat jedenfalls Vorrang.

Ist ein Kind über 14 Jahre nach ärztlicher Einschätzung nicht einsichts- und urteilsfähig, ist immer die Zustimmung der Eltern zur Behandlung einzuholen, und zwar unabhängig davon, wie schwer der zahnmedizinische Eingriff ist.

2. Die zahnärztliche Aufklärung bei fremdsprachigen Patienten:

Aus Judikatur und Lehre haben sich folgende Leitsätze bezüglich der Aufklärung fremdsprachiger Patien- ten herauskristallisiert:

  • Unabhängig vom konkreten Sprachverständnis ist grundsätzlich immer nur der einsichts- und urteilsfähige Patient selbst Adressat der zahnärztlichen Aufklärung – und nicht etwa ein Angehöriger. Der behandelnde Zahnarzt hat die Einsichts- und Urteilsfähigkeit für den jeweils konkreten Patienten zu beurteilen. Diese wird danach bestimmt, ob ein Patient die Bedeutung und die Tragweite einer konkreten Handlung erfassen und dann darauf basierend eine Entscheidung treffen kann.
  • Wird mit Einverständnis des Patienten ein Übersetzer dem Aufklä- rungsgespräch beigezogen, so ist vom Zahnarzt nicht nur dieser Übersetzer aufzuklären, sondern es ist auch vom Zahnarzt sicherzustellen, dass der Patient die jeweilige Information erhält – der Zahnarzt hat insbesondere für die Übersetzung ausreichend Zeit zu geben und auf die Reaktion des Patienten zu achten.
  • Eine Pflicht zur Beiziehung eines Übersetzers steigt umso mehr, je einschneidender und folgenreicher ein geplanter, nicht dringlicher Eingriff ist.
  • Ein Übersetzer muss nicht unbedingt ein Berufsdolmetscher sein, sondern es kann auch eine sprachkundige Mitarbeiterin oder eine sprachkundige Vertrauensperson des Patienten beigezogen werden. Bei Beiziehung einer sprachkundigen Mitarbeiterin ist allerdings Vorsicht geboten: durch den Einsatz eigener Angestellter wird beim Patienten das Vertrauen in deren sprachliche Fähigkeiten begründet. Der Zahnarzt haftet in einem Streitfall für seine Mitarbeiterin wie für sein eigenes Verschulden. Wenn hingegen der Patient eine sprachkundige Vertrauensperson mitbringt oder eventuell ein Be- rufsdolmetscher beigezogen wird (dieser Fall wird in zahnärztlichen Ordinationen vermutlich selten vorkommen), dann haftet der Zahnarzt für diese Person nur in Ausnahmefällen im Sinne des sogenannten „Auswahlverschuldens“.
  • Angehörige des Patienten dürfen nicht ohne Einwilligung des Patienten als Übersetzer in das Aufklärungsgespräch eingebunden werden. Es muss für den Zahnarzt aus dem Verhalten des Patienten eindeutig ableitbar sein, dass er eine Einbeziehung eines Angehörigen als Übersetzer wünscht. Häufig wird dies dadurch erkennbar, dass der Patient mit seiner Vertrauensperson den Behandlungsraum betritt und zu verstehen gibt, dass diese beim Aufklärungsgespräch und eventuell auch bei der Behandlung anwesend sein soll.
  • Wenn ein Übersetzer beim Zahnarzt den Anschein erweckt, dass er aufgrund seiner sprachlichen und intellektuellen Fähigkeiten als Dolmetscher geeignet ist und der Zahnarzt ausreichend Zeit für die Übersetzungen lässt, dann kann er auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Übersetzung vertrauen, wenn nicht durch eine Reaktion des Patienten das Gegenteil offenkundig wird.
  • Aus Beweisgründen wird eine Dokumentation der Aufklärung samt Namen des Übersetzers empfohlen. Eine mangelhafte oder fehlerhafte Dokumentation einer ausreichenden Übersetzung begründet bei fremdsprachigen Patienten bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung, dass dem Patienten die Informationen in einer für ihn nicht verständlichen Form übermittelt wurden.
  • Bei dringend erforderlicher zahnärztlicher Hilfe besteht zwischen Zahnarzt und Patient Kontrahierungszwang, das heißt, dass der Zahnarzt zur Behandlung verpflichtet ist. In diesen Fällen ist trotz einer bestehenden Sprachbarriere die notwendige zahnärztliche Hilfe zu leisten. Die Anforderungen an die Aufklärung sind dabei umso geringer, je dringender der Eingriff ist.
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