DT News - Austria - Östereichs Zahnärzte starten Kampagne „Ende der ZahnSteinZeit“

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Östereichs Zahnärzte starten Kampagne „Ende der ZahnSteinZeit“

Mit diesem Palkatmotiv (Auszug) will die Österreichische Zahnärztekammer auf ihr Anliegen aufmerksam machen. © Zahnärztekammer Österreich
Österreichische Zahnärztekammer

Österreichische Zahnärztekammer

Do. 23 Mai 2013

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WIEN - Unter dem Motto „Ende der ZahnSteinZeit“ starten Österreichs Zahnärzte eine Informationskampagne mit Plakaten und Foldern in den Ordinationen. Ziel ist es, die Patienten auf die unzeitgemäße Ausformung des Kassenvertrages aufmerksam zu machen und Politik sowie Entscheidungsträger bei den Sozialversicherungen dazu zu drängen, den veralteten zahnärztlichen Kassenvertrag umfangreich zu modernisieren.

„Es geht um eine optimale Basisversorgung jedes Patienten mittels abrechenbarer Kassenleistungen ohne Selbstbehalte“, fordert Dr. Hannes Westermayer, Präsident der Zahnärztekammer Österreichs. „Wir wollen unseren Patienten zeitgemäße Behandlungen auf Vertragsbasis bieten, die der Zahnmedizin des 21. Jahrhunderts entsprechen!“, so Westermayer. Diese Forderung ergibt sich auch gerade in Bezug auf die aktuelle Berichterstattung in den Medien, wo sich Gesundheitsminister Alois Stöger und der Vorsitzende des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, Dr. Hans Jörg Schelling gerühmt haben, dass die Krankenkassen saniert seien und von beiden die Bereitschaft bekundet wurde, Mittel für die Zahnheilkunde bereitzustellen. Daher erwartet die Österreichische Zahnärztekammer, dass die Leistungen des Kassenvertrages nun rasch im Sinne der Patienten modernisiert werden.

Folgende Forderungen stellt die Österreichische Zahnärztekammer an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie an die politischen Gremien:

  • „Der aktuell gültige Kassenvertrag stammt in den Grundzügen noch aus dem Jahr 1957! Wir fordern eine Modernisierung des Kassenvertrages, und diese müsste damit beginnen, dass zwischenzeitlich unzumutbare Selbstbehalte und Zusatzzahlungen für die Patienten bei längst anerkannten Behandlungsmethoden abgeschafft werden“, erklärt Westermayer.
  • Weiters fordern die Vertreter der Österreichischen Zahnärzte eine Aufnahme von Zahnvorsorgeuntersuchungen in den Mutter-Kind-Pass. „Parodontitis ist die Volkskrankheit Nummer eins in Österreich“, unterstreicht Dr. Claudius Ratschew, Pressereferent der Österreichischen Zahnärztekammer. „Im Sinne der Vorsorge könnten mit wenigen, günstigen Untersuchungen teure Folgekosten für die Gesellschaft vermieden werden.“
  • Schlussendlich ist den Kammervertretern eine moderne Kieferorthopädie ein Anliegen: „Hier wurde seit 40 Jahren praktisch keine Anpassung im Kassenvertrag an moderne Behandlungsmethoden vorgenommen, obwohl es enorme Fortschritte gibt“, erklärt Dr. Rezac, Kassenreferent der Österreichischen Zahnärztekammer. „Gerade die Selbstbehalte für Eltern sind sehr hoch, und ein kindgerechter Leistungskatalog fehlt gänzlich“, so der Kassenreferent.

Der aktuelle Kassenvertrag stammt in den Grundzügen aus dem Jahr 1957. „Bei vielen Kassenleistungen muss der Patient einen Selbstbehalt bezahlen, der bis zu 50 Prozent beträgt. Und das unabhängig von seinem finanziellen Leistungsvermögen. Sogar für die einfachste Basisversorgung wie eine Prothesenreparatur muss ein Patient von € 31,- bis € 125,50 zahlen“, erläutert Präsident Westermayer. Westermayer fordert daher Zugang zu einer modernen Zahnmedizin für alle ÖsterreicherInnen: „Es geht hier nicht um höhere Honorare für Zahnärzte, sondern um die Sicherstellung einer leistbaren Basisversorgung für sozial schwache Patienten“, stellt Westermayer klar. „Oft können sich einkommensschwache Schichten nicht einmal die Selbstbehalte für die Basismedizin leisten.“ Es wäre daher sinnvoller „die Selbstbehalte für einen bestimmten Katalog basismedizinischer Leistungen komplett zu streichen“, so der Präsident der Zahnärztekammer.

Obwohl die Bevölkerung in den letzten zehn Jahren um fünf Prozent gestiegen ist, hat die Krankenkasse 171 Kassenordinationen eingespart, das entspricht sechs Prozent der Kapazitäten. „Dadurch hat sich die Versorgungsqualität für die Patienten deutlich verschlechtert. Das können und wollen wir unseren Patienten gegenüber nicht verantworten“, unterstreicht Westermayer. Einen möglichen Ausweg aus dieser Entwicklung sieht die Österreichische Zahnärztekammer in der Schaffung von Gemeinschaftspraxen: „Es gibt die Gemeinschaftspraxis – aufgrund ausufernder Auflagen - derzeit nur auf dem Papier“, erläutert Westermayer. „Wenn etwa zwei Kassenverträge in einer Praxis vergeben werden, ist es aber vorstellbar, damit positive Effekte im Sinne der Patienten zu erreichen, was etwa die Themen Öffnungszeiten, Urlaubsvertretung oder Vertretung im Krankheitsfall betrifft“, so Westermayer. „Wir sind gesprächsbereit und warten seit zwei Jahren auf eine Antwort der Kassen auf unsere Vorschläge zu diesem Thema“, unterstreicht der Präsident der Österreichischen Zahnärztekammer.

Ein weiteres wichtiges Anliegen ist den österreichischen Zahnärzten die Forderung einer zeitgemäßen Kinderzahnheilkunde und die Aufnahme von Vorsorgeuntersuchungen in den Mutter-Kind-Pass. „Bereits die schwangere Frau sollte über die richtige Zahnvorsorge informiert werden“, so Dr. Claudius Ratschew, Pressereferent der Österreichischen Zahnärztekammer. „Wir alle wissen, dass eine optimale Prophylaxe von Anfang an für gesunde Zähne bis ins Erwachsenenalter sorgt. Das birgt zusätzlich ein immenses Einsparungspotenzial, das die zu erwartenden Kosten für die Vorsorgeuntersuchungen bei weitem übersteigt.“ Der Untersuchungszeitraum des aktuellen Mutter-Kind-Passes erstreckt sich insgesamt von der 16. Schwangerschaftswoche der Mutter bis zum vollendeten fünften Lebensjahr des Kindes. „Derzeit sind etwa Untersuchungen durch einen Orthopäden, einen Hals-Nasen- Ohrenarzt oder durch einen Augenarzt verpflichtend vorgesehen. Ein Besuch beim Zahnarzt kommt nicht darin vor, wäre aber dringendst nötig“, so Ratschew. Dabei geht es nicht nur um zahnärztliche Untersuchungen des Kindes, sondern auch der Mutter. „Diese wären besonders wichtig, weil die Zahngesundheit eine wichtige Komponente für die Allgemeingesundheit darstellt und gerade in der Schwangerschaft sowie in den ersten Lebensjahren von größter Bedeutung für Mutter und Kind ist“, erklärt Ratschew. Ratschew weist darauf hin, dass unbehandelte Entzündungen im Mundbereich das Risiko einer Früh- oder Fehlgeburt deutlich erhöhen. Das neugeborene Kind sollte dann ebenso regelmäßig vom Zahnarzt untersucht und betreut werden. Hierbei müssen neben der Zahnpflegeinstruktion und Ernährungstipps bereits im Säuglingsalter der Zahndurchbruch und die Lage der Kiefer zueinander untersucht werden. „Ein frühzeitiger Milchzahnverlust führt in späteren Jahren oftmals zur Notwendigkeit aufwändiger und teurer Zahnregulierungen, die bei laufender Kontrolle und Pflege zu vermeiden sind“, weist Ratschew auf teure Folgekosten für die Gesellschaft hin. Und auch was die Leistungen des Kassenvertrages betrifft, gibt es bei der Kinderzahnheilkunde Nachholbedarf: „Es gibt keine speziellen Leistungen für Kinder im Kassenvertrag. Wenn sich etwa ein Kind einen Zahn beim Spielen lockert oder gar ausschlägt, dann müssen die Eltern die Kosten für die Behandlung komplett selber tragen, weil diese Leistung im Verrechnungskatalog schlicht und einfach nicht existiert“, kritisiert Ratschew. „Die von der Zahnärzteschaft seit Jahrzehnten geforderte Aufnahme der zahnärztlichen Untersuchung in den Mutter-Kind-Pass wurde von der Gesundheitspolitik bis zum heutigen Tag aus Kostengründen abgelehnt. Abgesehen von der ethischen Problematik dürfte nicht berücksichtigt worden sein, wie hoch die finanziellen Folgeschäden für das Gesundheitssystem sind, die dadurch fahrlässig verursacht werden“, so Ratschew.

Die Grundzüge des Kassenvertrages stammen noch aus dem Jahr 1957, lediglich die abnehmbaren Zahnspangen wurden 1973 in den Kassenvertrag aufgenommen. Der Stillstand des Kassenvertrages zeigt sich in der Kieferorthopädie drastisch: „Bei Zahnspangen und Brackets wird der gewaltige Fortschritt der letzten 40 Jahre einfach ignoriert“, erläutert Dr. Karl-Anton Rezac, Kassenreferent der Österreichischen Zahnärztekammer. Heutzutage sinkt die Verwendung abnehmbarer Zahnregulierungen stark, da festsitzende Behandlungen mit Brackets oder durchsichtigen Folien bereits zum Standard gehören. Für abnehmbare Leistungen sieht der Kassenvertrag einen grundsätzlichen Selbstbehalt von 50 Prozent vor. Die festsitzende Kieferorthopädie hingegen ist im Kassenvertrag gar nicht vorgesehen und es gibt dafür nur geringen Kostenersatz seitens der Krankenkassen. „Die Eltern werden also nicht gefördert, sondern bestraft“, zeigt Rezac auf. „Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf!“ Bei der Erstellung des Leistungskataloges im Kassenvertrag im Jahr 1957 gab es viele der heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse noch nicht, und daher ist die Kieferorthopädie bis heute ein Stiefkind im Kassenvertrag.

Die Österreichische Zahnärztekammer startet nun eine breit angelegte Kampagne, um sowohl Medien als auch die Patienten für die aktuelle Situation zu sensibilisieren. „Österreichs Zahnärzte erbringen Leistungen auf einem zeitgemäßen Niveau, mit modernsten Behandlungsmethoden. Das haben sich unsere Patienten selbstverständlich auch verdient. Kein Patient möchte nach veralteten Methoden behandelt werden, die zum Teil aus dem vorigen Jahrhundert stammen“, unterstreicht Ratschew. „Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass viele privat zu bezahlende Zusatzkosten nur deshalb entstehen, weil diese heute selbstverständlichen Behandlungsmethoden von unserer Gesundheitspolitik ignoriert werden!“ Die Informationskampagne unter dem Motto „Österreich in der ZahnSteinZeit – Zeit, dass sich das ändert!“ umfasst insgesamt vier Plakatsujets, die in den kommenden Wochen in den Zahnarztpraxen auf die aktuelle Situation aufmerksam machen sollen. Weiters gibt es Folder, die aufgelegt werden sowie Terminzettel für die Patienten. Die Laufzeit der Kampagne ist bis in die Sommerwochen geplant. Ziel ist es, Österreichs Patienten auf die unzeitgemäße Ausformung des Kassenvertrages aufmerksam zu machen und Politik sowie Entscheidungsträger bei den Sozialversicherungen dazu zu drängen, gemeinsam mit den Zahnärzten den veralteten zahnärztlichen Kassenvertrag im Sinne der Patienten endlich umfangreich zu modernisieren.

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