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Amerikanisches Hilfsprojekt in Deutschland gestartet

Siebzig Prozent aller Frauen, die Opfer häuslicher Nötigung geworden sind, erleben Gewalt gegen den Kopfbereich. Im Rahmen des Programmes Give Back a Smile können Verletzungen im oralen Bereich behandelt werden.
Yvonne Bachmann, DTI

Yvonne Bachmann, DTI

Mo. 22 August 2011

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EDEWECHT – Opfer häuslicher Gewalt haben oft sowohl mit psychischen als auch physischen Folgeschäden zu kämpfen. Während einige körperliche Wunden mit der Zeit von allein verheilen, braucht es bei anderen intensive ärztliche Betreuung. Der Zahnarzt Dr. Jürgen Wahlmann hat jetzt ein amerikanisches Projekt nach Deutschland gebracht, das Gewaltopfern die kostenfreie Restauration ihrer Zähne ermöglicht.

Seit 1999 betreut die American Academy of Cosmetic Dentistry Charitable Foundation in den USA ein Projekt namens Give Back a Smile (GBAS, deutsch: Gib ein Lächeln zurück). Mit der Hilfe von Zahnärzten/-innen, die Patienten/-innen behandeln, deren Zähne durch Einwirkung von Gewalt beschädigt wurden, sowie Sponsoren, die das Projekt durch Spenden finanziell unterstützen, konnte in dieser Zeit etwa 1100 Menschen geholfen werden. Der Aufwand für die Behandlungen, inklusive Material- und Laborkosten, betrug rund 10 Millionen US-Dollar.

Dr. Jürgen Wahlmann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für kosmetische Zahnheilkunde (DGKZ) aus dem niedersächsischen Edewecht, hat sich dazu entschlossen, dieses Projekt auch in Deutschland bekannt zu machen und zu koordinieren. Inspiriert wurde er von der Geschichte einer Patientin namens Mona, die in den USA behandelt wurde, nachdem ihr Lebenspartner ihr mit einer Waffe aus nächster Nähe in den Kieferbereich geschossen hatte. Mona bedankte sich später öffentlich und erklärte, dass GBAS dazu beigetragen hat, ihr Leben zu verändern.

Jürgen Wahlmann empfand Monas Geschichte als „sehr emotional und beeindruckend“ und stellte das Projekt seinen Vorstandskollegen/-innen der DGKZ vor. Dort beschloss man, das GBAS-Programm auch in Deutschland einzuführen. Auf der DGKZ-Jahresversammlung in Berlin stellte der Edewechter das Projekt vor und erhielt eine „überwältigende Resonanz“.

Etwa zwanzig Zahnärzte/-innen haben inzwischen deutschlandweit Interesse signalisiert, am Programm teilzunehmen. „Ich wäre sehr zufrieden, wenn es zu Beginn zehn aktive Zahnärzte/-innen sind“, sagt Jürgen Wahlmann im Gespräch mit Dental Tribune Online.

Bei der Finanzierung sollte es laut Jürgen Wahlmann keine Probleme geben: „Die Zahnärzte/-innen behandeln alle ohne Bezahlung, auch ein einige Labore haben zugesagt, kostenfrei zu arbeiten. Hersteller von Dentalprodukten, wie etwa General Implants und Friadent stellen ihre Produkte kostenlos zur Verfügung.“

Zudem soll im Rahmen des Bleaching Day am 26. September Geld für das Programm gesammelt werden. An diesem Tag bleichen Zahnärzte für den guten Zweck. Die Behandlung ist für die Patienten/-innen kostenpflichtig, jedoch kommen sämtliche Einnahmen dem GBAS-Projekt zugute. Die Materialien werden kostenfrei von American Dental Systems, BriteSmile und weiteren Firmen zur Verfügung gestellt. „Ich denke, dass sich einige Zahnärzte/-innen beteiligen werden, denn bei dieser Art der Unterstützung ist die Hemmschwelle nicht so groß. Ich bin froh über jeden, der das Projekt unterstützt – wie auch immer er sich einbringt“, erklärt der DGKZ-Präsident.

Auch die Resonanz der Betroffenen ist laut Jürgen Wahlmann sehr positiv. „Ich kooperiere mit dem Frauenhaus in Oldenburg. Dort war man zuerst überrascht, dass es so ein Projekt gibt und wir uns für Opfer häuslicher Gewalt einsetzen.“ Auch Jürgen Wahlmanns Kollege Prof. Dr. Martin Jörgens aus Düsseldorf, der im Rahmen von GBAS ebenfalls Gewaltopfer behandeln wird, habe durchweg positive Rückmeldungen erhalten, so der Edewechter.

Die Behandlung von Opfern häuslicher Gewalt ist jedoch oft kompliziert. Fast alle Betroffenen haben über etliche Jahre viel Elend erlebt und furchtbare Geschichten zu erzählen. Aus diesem Grund sind sie häufig eher unzuverlässig, was das Einhalten von Terminen angeht. Dies stellt ein Problem dar, da die Behandlung in der Regel sehr lange dauert und zum Teil den Einsatz von Spezialisten/-innen beinhaltet. „Im Schnitt benötigt man etwa sechs Monate. Voraussetzung für eine Behandlung ist, dass die Zähne auch tatsächlich durch häusliche Gewalt geschädigt wurden. Das kann man als Zahnarzt gut erkennen. Siebzig Prozent aller Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, erleben Gewalt gegen den Kopfbereich. Eine weitere Bedingung zur Aufnahme der Behandlung ist, dass der Patient mindestens ein Jahr aus der gewalttätigen Beziehung heraus ist. Statistiken zeigen, dass das Risiko einer Rückkehr in die gewaltgeprägte Beziehung sonst sehr hoch ist“, erklärt der Zahnarzt gegenüber Dental Tribune Online.

Obwohl die Patienten/-innen, die Jürgen Wahlmann und seine Kollegen/-innen im Rahmen von GBAS behandeln, nicht die einfachsten sein werden, hat sich der Niedersachse dem Projekt voll und ganz verschrieben. Neben der Geschichte von Mona hat auch die Aussage einer weiteren amerikanischen Patientin zu dieser Entscheidung beigetragen. „Diese Frau sagte nach Abschluss ihrer Behandlung, wenn sie in den Spiegel schaue, dann sehe sie nicht ihre Vergangenheit, sondern ihre Zukunft“, berichtet Jürgen Wahlmann. „Wir Menschen, die ein solches Leid nie erfahren mussten, sollten unser Glück auf irgendeine Art und Weise zurückgeben.“

Wer weitere Informationen über das Programm GBAS erhalten möchte, kann sich an Jürgen Wahlmann wenden: telefonisch unter +49 4405/4050 oder per E-Mail an givebackasmile@drwahlmann.de

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