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Mögliche Probleme in der endodontischen Behandlung

Dr. Olaf Löffler (Foto: privat)
Jeannette Enders, DTI

Jeannette Enders, DTI

Di. 11 August 2009

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LEIPZIG – Eine Wurzelbehandlung, frühzeitig und nach allen Regeln der Kunst ausgeführt, kann in vielen Fällen den Zahn retten. Dafür braucht es Fachwissen, Erfahrung und technisches Know-how. Dr. Olaf Löffler, Zahnarzt aus Leipzig, hat seine Praxis auf die endodontische Behandlung ausgerichtet. Täglich setzt er sein zahnärztliches Können und modernste technische Möglichkeiten zur Erhaltung der Zähne seiner Patienten ein.

Jeannette Enders, DTI, sprach mit Dr. Olaf Löffler, Spezialist für Zahnerhaltung und Endodontie, über moderne endodontische Behandlungsmöglichkeiten und das Spannungsfeld Endodontie-Implantologie.

Jeannette Enders: Wann wird eine Wurzelkanalbehandlung notwendig?
Dr. Olaf Löffler:
Eine Wurzelbehandlung wird immer dann notwendig, wenn die Pulpa irreversibel
geschädigt ist, oder durch exogene Einflüsse, wie beispielsweise Trauma, ihre nicht zu unterschätzende Regenerationsfähigkeit eingebüßt hat.

Welche Komplikationen können bei einer Wurzelkanalbehandlung auftreten?
Darüber kann man lange Abhandlungen schreiben. An erster Stelle möchte ich die komplexen anatomischen Strukturen nennen, dazu kommen die iatrogenen Probleme wie Perforationen, Instrumentenfrakturen, Blockierungen, Kanalverlagerungen und Stufenbildungen.

Welche modernen und hochwertigen Behandlungsmöglichkeiten sollten genutzt werden?
Für mein Behandlungsprotokoll sind neben dem Dentalmikroskop das elektronische Längenmessgerät, die Aufbereitungsmöglichkeiten mit rotierenden Nickeltitaninstrumenten
und die passive Ultraschallspülung und der Einsatz von Kofferdam unverzichtbar. Die digitale
Radiografie spielt für mich eine große Rolle in der Diagnostik. Die dreidimensionale Volumentomografie schließe ich wegen der (derzeit) unzureichenden Auflösung und hohen Artefaktanfälligkeit aus.

Wie sollte man Ihrer Meinung nach in der heutigen Zeit die aufzubereitende Arbeitslänge des Wurzelkanals bestimmen?
Die Arbeitslänge sollte auf jeden Fall elektronisch bestimmt werden.

Anatomie des Wurzelkanalsystems: Das linke Bild zeigt die Ausgangssituation Zahn nach Brückenentfernung 27. Rechtes Bild:  C-förmige Kanalstruktur in einem oberen zweiten Molaren
(Kanäle mb1, mb2, d).

Aufbereitung und Wurzelfüllung (v.l.n.r).

Gelten elektrische Längenmessgeräte als optional für den Zahnarzt?
Der endodontisch tätige Zahnarzt sollte in keinem Fall auf dieses wichtige Hilfsmittel zur Längenbestimmung und Diagnostik verzichten. Ich halte es für unabdingbar.
Eine Röntgenaufnahme kann gegebenenfalls die ermittelte Arbeitslänge verifizieren, aber nie die elektrisch bestimmte Längenmessung ersetzen.

Kann man übergangslos von der manuellen zur maschinellen Wurzelkanalaufbereitung wechseln?
Die maschinelle Aufbereitung sollte zunächst am extrahierten Zahn und am Plastikblock geübt werden. Dazu sollte ein drehmomentgesteuertes Reduzierwinkelstück oder ein spezieller Endodontiemotor genutzt werden. Der Besuch entsprechender Arbeitskurse ist sehr empfehlenswert.

Welche Vorteile hat digitales Röntgen in der endodontischen Behandlung?
Das ist abhängig vom verwendeten Sensor im Zusammenspiel mit der dazugehörigen Software.
Die größten Vorteile sind die Vergrößerungsmöglichkeit, die verzögerungsfreie Bildanzeige und
die unmittelbar mögliche Einstellungskorrektur des Röntgenhalters und des Strahlersystems. Bei Rechtwinkelaufnahmen kann die Längenmessung zur Arbeitslängenschätzung eingesetzt werden.

Welche Ursachen können Misserfolge in der endodontischen Therapie haben?
Hierzu muss ich wieder auf die komplexe Anatomie des Wurzelkanalsystems verweisen. Besonders
erwähnenswert ist beispielsweise, dass bereits 1913 Hans Moral beim ersten oberen Molaren das Vorkommen eines mesiobukkalen zweiten Kanals mit über 50 Prozent beschrieb. Stropko zeigte 1999, dass unter mikroskopischer Kontrolle und mit dem anatomischen Wissen 93 Prozent dieser Strukturen gefunden werden können. In meiner Praxis beobachte ich, dass die häufigsten Probleme durch nicht erschlossene Kanäle, unzureichende Desinfektion und hydrodynamische Präparation vorhanden sind.
Endodontische Maßnahme oder Implantat: Sind Zähne hoffnungslos zerstört, fällt die Entscheidung für ein Implantat sicher einfach.

Wie fällen Sie die Entscheidung über Zahnerhalt oder Zahnersatz, wenn die Prognose des Zahnerhalts nicht eindeutig zu stellen ist?
Die wichtigsten Kriterien sind für mich die spätere prothetische Rehabilitationsmöglichkeit und die parodontale Prognose. Weiterhin muss ein Kofferdam anzulegen sein. Die klinische Darstellung der Probleme und die Kontrolle unter optischer Vergrößerung sind für mich im Zweifelsfall entscheidend. Durch den Einsatz des Dentalmikroskops und die mikroinvasiven Techniken der modernen Endodontie wurden die Grenzen in den letzten Jahren erweitert. Die Erfahrung und Ausbildung des Behandlers sind ein weiteres wichtiges Kriterium.

Welche medizinischen Kriterien für die Entscheidung für eine endodontische oder implantologische Behandlung würden Sie aufführen?
Die medizinische Anamnese spielt eine besonders entscheidende Rolle, wenn operative Eingriffe unvermeidbar sind. Im endodontischen Bereich gibt es wahrscheinlich weniger allgemeinmedizinische Kontraindikationen. Ein natürlicher Zahn mit guter Erhaltungsprognose ist dem Implantat vorzuziehen. Das Implantat ersetzt fehlende Zähne.

Röntgenbilder: Ausgangsbild und Abschlusskontrolle (v.l.n.r).

Gibt es biologische Grenzen für eine endodontische Behandlung?
Die spätere prothetische Rehabilitationsmöglichkeit, insbesondere der Ferruleeffekt, ist für eine sichere Prognose wichtig. Es kann ebenso funktionell bedingte Einschränkungen in der Pfeilerwertigkeit geben. Diese betreffen Endodontie und Implantologie. Die endodontische Therapie scheitert häufig an einer fragwürdigen Rehabilitationsmöglichkeit des Zahnes.

Was kann und/oder was sollte Ihrer Meinung nach eine hochwertige Endodontie im Zeitalter der Implantologie leisten?
Ein noch nicht angesprochener Aspekt der Zahnerhaltung durch moderne mikroskopgestützte Endodontie ist der ästhetische Aspekt im Frontzahnbereich. Die Erhaltung oder Wiederherstellung der „roten Ästhetik“ ist in Fällen von Zahnverlust benachbarter Frontzähne ebenso wie postoperative narbige Verwachsungen der klassischen Resektionsverfahren problematisch in Implantologie und Parodontologie.
Weiterhin sind die Möglichkeiten der Implantationstherapie mit Augmentationsverfahren und Sinuselevationen eventuell vermeidbar. Die Ausheilung beziehungsweise Verkleinerung apikaler ausgedehnter Osteolysen an hoffnungslos zerstörten Zähnen sind ein weiterer möglicher Aspekt im Zusammenspiel der Fachgebiete zum Nutzen des Patienten.
Bisphosphonatassoziierte Osteonekrosen im Kieferbereich können durch die Zahnerhaltung mittels moderner Endodontie umgangen werden.

Und abschließend: Etliche Wurzelbehandlungen bleiben auch heute noch hinter den Möglichkeiten der modernen Endodontie zurück. Die Ursache liegt zu einem beträchtlichen Teil an den ungünstigen Rahmenbedingungen: Beispiel Kassenhonorare. Ihre Meinung?
Bei einer komplexen endodontischen Behandlung werden Erfolgsraten zwischen 80 und 90 Prozent in der Literatur beschrieben. Der Zeitaufwand für eine erfolgreiche endodontische Behandlung ist enorm. Die Unkenntnis darüber ist erschreckend. Fachliche und wissenschaftlich fundierte Stellungnahmen werden ignoriert!
Die derzeitigen Honorare halten keiner betriebswirtschaftlichen Betrachtung stand.
Um nur ein Beispiel zu geben: Eine Zeitmessstudie der gesetzlichen Krankenkassen hat einen Zeitbedarf von rund 30 Minuten für eine Wurzelkanalbehandlung eines Molaren veranschlagt und dies als Honorargrundlage herangezogen. In unserer Praxis werden für eine endodontische Behandlung eines Backenzahnes 2 Stunden als Minimum, also das 4-fache an Zeit kalkuliert. Wer wird für die fehlende Sachkenntnis des Gesetzgebers geradestehen? Die zudem überhandnehmende Bürokratie und die Umsetzung verordneter Regeln erfordern vom Praxisinhaber eine zunehmende Konzentration auf den Verwaltungsbereich. Die zahnärztliche Tätigkeit wird davon nicht profitieren

Vielen Dank für das Gespräch!

Dr.med. Olaf Löffler
Praxis für Zahnerhaltung und Endodontie,
Leipzig
www.praxisdrloeffler.de

Erstmals erschienen in Dental Tribune Germany 8/2009.

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