WIEN – Eine Erkrankung gilt als selten, wenn diese nicht mehr als einen von 2.000 Menschen betrifft. Auch wenn die Zahl der PatientInnen pro Erkrankung gering ist, so ist dennoch die Gesamtzahl der Betroffenen beträchtlich: rund fünf bis acht Prozent der Bevölkerung leiden an einer dieser „seltenen“ Erkrankungen, das sind rund 27 Millionen EuropäerInnen, darunter mehr als 400.000 ÖsterreicherInnen. Insgesamt gibt es Schätzungen zufolge rund 6.000 bis 8.000 verschiedene seltene oder undiagnostizierte Erkrankungen.
In Kooperation der Universitätskliniken für Dermatologie sowie Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien/AKH Wien und dem CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wurde nun ein neues Center für die interdisziplinäre Erforschung und Behandlung dieser seltenen und nicht diagnostizierten Erkrankungen ins Leben gerufen (Vienna Center for Rare and Undiagnosed Diseases/CeRUD). Am 28.2., dem Welttag der „Rare Diseases“, findet das Eröffnungssymposium für Fachleute, Betroffene und Interessierte an der MedUni Wien statt.
„Seltene Erkrankungen sind keine Seltenheit, sondern alltäglich in unserer klinischen Arbeit “, sagt Kaan Boztug vom CeMM und von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde sowie Leiter des CeRUD.
Damit betroffene Menschen einen Ansprechpartner für die bestmögliche Versorgung erhalten, werden im neu gegründeten Zentrum Ressourcen und Kompetenzen gebündelt: „Viele der betroffenen Menschen sind verzweifelt und haben schon eine Odyssee hinter sich, ohne dass Ihnen eine genaue Diagnose und Therapie angeboten werden konnte. Für sie wollen wir Anlaufstelle sein.“ Als Vorbild dient dafür u.a. auch das „Undiagnosed Diseases Program (UDP) der National Institutes of Health (Bethesda/USA)“, mit welchem das Wiener Center kooperieren wird.
Das Zentrum und die Bündelung der Aktivitäten sind neu, die Beschäftigung mit dem Thema an der MedUni Wien/AKH Wien sowie im CeMM hingegen nicht. Ganz aktuell hat die ForscherInnen-Gruppe rund um Boztug einen neuen Gendefekt für eine monogenetische Form einer entzündlichen, chronischen Darmerkrankung entdeckt, die auch mit einem Immundefekt kombiniert ist. In früheren Forschungsarbeiten wurde zum Beispiel ein bisher unbekannter B-Zell-Defekt entdeckt, an dem ein 13-jähriger Patient seit früher Kindheit – und nicht diagnostiziert – gelitten hatte. Die Folge war eine schwere Autoimmunität, die nun besser therapiert werden kann. In einer weiteren Arbeit konnte Boztug eine bis dahin unerkannte Form von Immundefekt mit dem Fehlen einer bestimmten Art von weißen Blutkörperchen (neutrophile Granulozyten) erklären.
Am 28. Februar 2014 findet das Eröffnungssymposium „CeRUD Center for Rare and Undiagnosed Diseases Vienna“ an der MedUni Wien statt (9.30 Uhr; Jugendstilhörsaal der MedUni Wien). Auch Betroffene und Interessierte können kostenfrei an den Vorträgen von Top-ExpertInnen aus Klinik und Forschung teilnehmen. Weitere Infos: www.meduniwien.ac.at/cerud.
Am 1. März 2014 gibt es in Österreich einen Aktionstag für „Rare Diseases“: vom Treffpunkt Staatsoper weg findet ein „Marsch der seltenen Erkrankungen“ statt (Treffpunkt Opernring 2, 1010 Wien, 10.30 Uhr/Start 11.00 Uhr). Ziel ist das Museumsquartier (12.00 Uhr). Infos: http://www.rarediseaseday.org/event/austria/87.
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