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Nepal-Zähne könnten Rätsel um Entstehung von Lippen-Kiefer-Gaumenspalte lösen

Prof. Sherwood beim Auswertung von Zahnabdrücken. (Photo mit freundlicher Genehmigung von Wright University, USA)
Daniel Zimmermann, DTI

Daniel Zimmermann, DTI

Do. 14 Juli 2011

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JIRI/DAYTON - Das Dorf Jiri im Norden Nepals ist für Himalaya Touristen nur eine letzte Zwischenstation auf dem Weg in die Berge. Für Professor Richard J. Sherwood aus den Vereinigten Staaten hingegen könnten die wenigen tausend Einwohner der Wissenschaft neue Erkenntnisse über die Entstehung von Geburtsfehlern wie Lippen-Kiefer-Gaumenspalte liefern.

Der Anthropologe und Biomediziner von der Wright State University in Dayton, Ohio, untersucht in einer Feldstudie derzeit Zahnbilder von hunderten Jirelen, die Aufschluss darüber geben könnten, warum es bei der Entwicklung von Gesichts- und Kieferproportionen zu schwerwiegenden Fehlentwicklungen kommen kann.

Für Nepal entschied sich Sherwood aus pragmatischen Gründen. Schon seit den 80er Jahren wurden in Jiri zahlreiche biomedizinische Studien durchgeführt und so lagen wichtige Daten wie die Genotypisierung mittels Blutproben bereits vor. Darüber hinaus hatten die Bewohner niemals kieferorthopädischen Eingriffe vornehmen lassen und ernährten sich recht homogen, was sie laut Sherwood für das Studium von Zahnhalteapparaten besonders qualifiziert.

Um möglichst schnell an verlässliche Daten zu kommen, eröffnete er im Januar 2010 eine zahnärztliche Station, in der einheimische Zahnärzte regelmäßig Zahnabdrücke nehmen und an seine Heimuniversität in den USA schicken. Dort werden sie digitalisiert und weiter untersucht. Sherwood selbst besucht das Dorf ein- bis zweimal im Jahr. Nach seinen Angaben arbeiten derzeit über 15 Mitarbeiter an dem Projekt, unter anderem ein Zahnarzt, ein Zahnarztassistent sowie ein Allgemeinmediziner in Nepal.

„Vor uns gab es keinen Zahnarzt in Jiri und die meisten Leute hatten dementsprechend noch keinen zu Gesicht bekommen. Teilnehmern an unserer Studie bieten wir daher eine Allgemeinuntersuchung sowie eine Zahnreinigung an. Gelegentlich setzen wir auch kostenlose Füllungen,“ so Sherwood zu Dental Tribune ONLINE.

In einer Politstudie im Jahr 2005 wurden bereits 200 Abdrücke genommen. Bis zum Auslaufen des Projektes im nächsten Jahr will Sherwood jedoch gut ein Fünftel der Gesamtbevölkerung von Jiri (ca. 1500) registriert haben. Über 2 Millionen US-Dollar erhält er für seine Forschungen derzeit vom National Institute of Facial and Craniofacial Research. Das in der Hauptstadt Washington D.C. angesiedelte Institut vergibt regelmäßig Fördergelder an Projekte, die sich der Verbesserung der Mundgesundheit widmen.

Erste vorläufige Ergebnisse will Sherwood bereits im nächsten Jahr veröffentlichen. Durch das Studium der natürlichen Variation in der Bevölkerung von Jiri hofft er genetische Spuren zu finden, die erklären helfen, warum sich Teile des Gaumens unterschiedlich schnell entwickeln. Darüber hinaus könnten sie auch bei der Behandlung der Ursachen von Zahnengstand helfen, so Sherwood.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes kommen jedes Jahr ca. 1500 Neugeborene in Deutschland mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zur Welt. Weitaus mehr Menschen sind in weniger entwickelten Ländern wie China oder Indien betroffen, wo fehlende Behandlungsmöglichkeiten oft zu lebenslangem Einschränken oder auch zum Tod führen.

Neben genetischen Ursachen vermuten Wissenschaftler hinter der Entstehung von Lippenkiefergaumenspalte Umweltfaktoren wie das Rauchen, oder den Einfluss von Schadstoffen oder radioaktiver Strahlung auf den Fötus im Mutterleib. Zum Beispiel erhöhten sich sich die Anzahl der klinischen registrierten Fälle nach dem Reaktorunglück im russischen Kernkraftwerk Tschernobyl im Jahr 1986 in den folgenden Jahren um das Fünffache.

„Abnormalitäten sind natürlich immer die extremsten Auswüchse dieses genetischen Pfads, aber selbst kleinste Fehlstellungen wir Malokklusionen können für die Lebensqualität von Betroffen oft schwerwiegende Folgen haben.“ schliesst Sherwood. „Wenn wir dafür die genetischen Ursachen finden, wird das natürlich auch Einfluss auf das Studium von Gesichtsabnormalitäten haben.“

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