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Geschlecht und orales Mikrobiom: Neue Erkenntnisse

Studie erforscht geschlechtsspezifische Unterschiede im oralen Mikrobiom. (©luismolinero – stock.adobe.com
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Mi. 12 März 2025

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L’Aquila – Geschlechtsspezifische Medizin erlebt in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit. Forschungen machen immer deutlicher, dass viele Erkrankungen unterschiedlichen Einfluss auf Männer und Frauen nehmen.

Krankheitsanfälligkeit, Krankheitsverläufe oder die Reaktion auf Medikamente können je nach Geschlecht variieren. Dies deutet darauf hin, dass Geschlechtshormone eine zentrale Rolle in den zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen spielen.

Doch wie sieht es bei oralen Mikrobiomen aus? Gibt es hier auch geschlechtsspezifische Unterschiede? Weisen orale Erkrankungen wie Parodontitis geschlechtsspezifische Muster auf?

Ein italienisches Forscherteam hat genau diese Frage unter die wissenschaftliche Lupe genommen. In ihrer Metaanalyse zogen die Forscher die Ergebnisse von sieben Studien heran, in denen orale Proben von insgesamt 643 Teilnehmern analysiert wurden. Eingeschlossen waren sowohl Probanden mit Parodontitis als auch parodontal gesunde Personen. Die betrachteten Studien analysierten die Zusammensetzung der mikrobiellen Biofilme. 

Ergebnisse

Die Forscher der University of L’Aquila, Italien, identifizierten geschlechtsspezifische Unterschiede im oralen Mikrobiom von Frauen und Männern. Frauen mit Parodontitis wiesen eine höhere Anzahl periodontaler Pathogene im subgingivalen Plaque auf als Männer, insbesondere aus den Bakteriengruppen Synergistota und Spirochaetota, während Männer eine stärkere Anreicherung von Firmicutes im subgingivalen Biofilm zeigten. Diese Unterschiede waren bei gesunden Personen nicht vorhanden. Speichelproben zeigten keine geschlechtsspezifischen mikrobiellen Unterschiede, was darauf hindeutet, dass die Biofilmzusammensetzung – nicht der Speichel – für die Krankheitsmechanismen entscheidend ist. 

Ein weiteres zentrales Ergebnis war die geringere bakterielle Vielfalt (α-Diversität) im subgingivalen Mikrobiom bei Frauen mit Parodontitis. Dies wurde durch einen neu eingeführten Microsexome Index (MSI) bestätigt – einem quantitativen Maß für geschlechtsspezifische mikrobielle Unterschiede. Der MSI war bei Frauen mit Parodontitis höher als bei Männern und deutet darauf hin, dass eine reduzierte mikrobielle Vielfalt mit einer stärkeren Krankheitsanfälligkeit verbunden sein könnte. 

Ein wichtiger Faktor neben dem biologischen Geschlecht war zudem das Rauchen: Rauchen verstärke die geschlechtsabhängigen Unterschiede im Zahnbelag, jedoch nicht in der subgingivalen Plaque. Raucher mit Parodontitis wiesen besonders unterschiedliche parodontale Pathogene im Vergleich zu Raucherinnen auf.  

Ein bemerkenswerter Befund war die geschlechtsspezifische Immunantwort: Im subgingivalen Bereich der Mundhöhle interagiert das Mikrobiom direkt mit dem Immunsystem. Das heißt, hier spielt der orale Biofilm eine besonders große Rolle bei der Immunabwehr. Hier kommt das Konzept des Mikrosexoms ins Spiel: Dieses beschreibt die Unterschiede in der mikrobiellen Zusammensetzung des Biofilms bei Männern und Frauen. In den Untersuchungen zeigten Frauen mit Parodontitis eine stärkere Antikörperreaktion gegen spezifische Bakterien als Männer. Das deutet darauf hin, dass das Mikrobiom geschlechtsspezifische Immunantworten auslösen kann.  

Das Forscherteam begründet auf seinen Studienergebnissen die Forderung nach personalisierten Ansätzen in der Zahnmedizin – insbesondere bei der Prävention und Behandlung von Parodontitis. Die Einbindung geschlechtsspezifischer mikrobieller Profile in zukünftige Forschungs- und Therapieansätze könnte dazu beitragen, individuell optimierte Behandlungen zu ermöglichen und die Mundgesundheit gezielt zu verbessern. 

Zur Studie

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