DT News - Austria - „Die Zeiten des Dornröschenschlafs sind vorbei.“

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„Die Zeiten des Dornröschenschlafs sind vorbei.“

Guido Bartels. (Foto: privat)
Daniel Zimmermann, DTI

Daniel Zimmermann, DTI

Mo. 14 Juni 2010

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LEIPZIG – Die jüngste Weltwirtschaftskrise hat anscheinend kaum Auswirkungen auf die Dentalbranche. Daniel Zimmermann, DTI, sprach mit Guido Bartels über die Beurteilung der Krise.

Seit über 26 Jahren ist der Zahntechniker und Fachwirt für Außenhandel in der Dentalwirtschaft tätig, etwa auch bei Nobel Biocare, Degudent und Heraeus Kulzer, und hat sich mit Beratungsfirma Sales Fellas GmbH selbstständig gemacht.

Daniel Zimmermann: Herr Bartels, die Dentalindustrie scheint die globale Krise relativ unbeschadet überstanden zu haben. Gibt es Anlass zur Erleichterung?
Guido Bartels: Aus meiner Erfahrung der letzten 26 Jahre ist die Dentalindustrie in wirtschaftlich schwierigen Zeiten immer eine der Branchen gewesen, die zuerst vom Konsumentenverhalten und den damit verbundenen geringeren Investitionen betroffen war. Sie ist aber auch immer diejenige Branche, die mit als erste die Krisen verlassen hat. Anders als in den europäischen Nachbarländern oder weltweit wurde bisher die Dentalindustrie durch das Gesundheitssystem in Deutschland gestützt. Dies wird sich in Zukunft mit Sicherheit wenden. Bei der zunehmenden Überalterung unserer Gesellschaft ist die Veränderung unserer bestehenden sozialen Systeme absehbar. Gerade beim Zahnersatz wird eine zunehmende private Verantwortung auf unsere Gesellschaft zukommen und somit auch der Einfluss auf Krisensituationen.

Welche Erkenntnisse sollte die Branche aus der Krise ziehen - alternative Technologien und Methoden?
Wandel bedeutet auch immer Chancen zu erkennen. Aus meiner Sicht sind wir auf dem deutlichen Weg des Wandels. Zunächst fand dieser schleichend statt und benötigte seine Zeit, um veraltete Denkmuster zu durchbrechen. Dies war sicher auch durch die Edelmetall verarbeitende Dentalindustrie, die ihre marktbeherrschende Position gegenüber keramischen alternativen Materialien behaupten wollte, fokussiert. Durch die nachhaltige Entwicklung neuer Werkstoffe und Technologien zur Verarbeitung im keramischen Bereich wurden Alternativen geschaffen - auch Alternativen, die die Herstellung von Zahnersatz langfristig günstiger machen werden. Die Dentalindustrie von heute muss aus den Erkenntnissen der vergangenen Jahrzehnte lernen und aus den zunehmend globalisierten Märkten ihre Konsequenzen ziehen. Die Zeiten des Dornröschenschlafs sind vorbei. Dabei kommt es aus meiner Sicht nach wie vor auf eine konsequente Fokussierung auf die Kernkompetenzen an, um mit geeigneten zahnmedizinischen Konzepten und Produktangeboten aufzuwarten und die Herausforderungen der zukünftigen Märkte anzunehmen.

Fusionen und Firmenaufkäufe gehören auch in der Dentalindustrie zum Alltag. Erleben wir eine Marktkonzentration wie in anderen Sparten?
Auch wenn die Dentalindustrie hier eher als Nachzügler bezeichnet werden kann, kann sie sich dem Trend in globalisierten Märkten wenig bis gar nicht entziehen. Hinzu kommt der wachsende internationale Wettbewerb, dem es stand zu halten gilt. Dies betrifft aber nicht nur die Denkmuster zum Herstellungsprozess, sondern vielmehr auch die Erwartungshaltung der Konsumenten zur Entwicklung neuer Technologien und Lösungen.

Viel Hoffnung und Geld wird derzeit in digitale Herstellungsprozesse von Zahnersatz investiert. Eröffnen sich hier neue Marktpotentiale oder werden damit traditionelle Verfahren und auch Anbieter verdrängt?
Wir stehen hier erst am Beginn der Entwicklungskette. Langfristig werden wirtschaftliche Konzentrationen und sogenannte Billiglohn-Fertigungen auch die Dentalindustrie stark beeinflussen. Neben der digitalen Erfassung von Daten am Patienten, dem darauf folgenden CAD/CAM-Verfahren oder 3-D-RapidPrototyping, um nur einige zu nennen, die uns als technologische Hilfsmittel auch derzeit schon zur Verfügung stehen, wird sich mittelfristig eine Konzentration abzeichnen, die mittlere bis große Fertigungszentren hervorbringt und das Labor an der Ecke ablösen werden.

Der Beruf des Zahntechnikers und die Anforderungen an diesen Beruf werden sich zukünftig vollkommen verändern. Ich würde die Aufgabe eines Zahntechnikers von morgen mehr als die eines Veredlers bezeichnen, der Teilaufgaben im Herstellungsprozess übernimmt. Den Zahntechniker, der zukünftig einen kompletten Herstellungsprozess eines Produktes vollzieht, sehe ich nicht mehr.

Welche aktuellen Entwicklungen könnten darüber hinaus den Markt prägen?
Mit zunehmender Sicherheit werden sich unsere Versicherungssysteme komplett verändern und in einem gegenseitigen Wettbewerb um Patienten und Mediziner werben. Hierbei ist naheliegend, das Versicherungen Konzepte entwickeln, um eine starke Bindung an Patienten und Mediziner sowie medizinische Einrichtungen zu erreichen. Vorrangig werden hier die Wettbewerbsvorteile und die Kostensenkung beim Zahnersatz eine große Rolle spielen.
 

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