Beim 5. Experten Symposium Mitte Februar in Köln behandelte der Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte (BDIZ EDI) ein Thema, das die orale Implantologie in den nächsten Jahren vermehrt beschäftigen wird: Behandlungsfehler und Komplikationen.
Bei einer Zahl von rund einer Million gesetzten Implantaten pro Jahr in Deutschland erhöhen sich trotz der über 95-prozentigen Erfolgsquote zwangsläufig auch die Zahlen von Komplikationen und Misserfolgen. Mit 250 Gästen verbucht der Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte (BDIZ EDI) einen Besucherrekord. Drei zentrale Punkte, die am Ende der Fortbildungsveranstaltung sich herauskristallisiert hätten, nennt der Verband: Misserfolge müssen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Komplikationen können bereits vor der chirurgischen Phase auftreten. Vorhandene Funktionsstörungen sollten frühzeitig mitbehandelt werden.
Patientenauswahl
Mit der richtigen Einschätzung, was die Eignung des/der Patienten/-in für die Implantattherapie betrifft, fängt es bereits an. Priv.-Doz. Dr. Jörg Neugebauer (Köln) machte in seinem Vortrag deutlich, dass der Fokus bei der Betrachtung nicht ausschließlich auf das vorhandene Knochenangebot, die anatomischen Verhältnisse oder die prothetische Versorgung gerichtet werden dürfe. Vielmehr müsse die Anamnese, der allgemein-medizinische Befund und der psychosoziale Hintergrund des/der Patienten/-in in die Entscheidung einbezogen werden. „Um eine erfolgreiche Implantattherapie zu erreichen, ist es notwendig, eine umfassende Aufklärung der Behandlungsrisiken und der damit zusammenhängenden zeitlichen, materiellen und persönlichen Belastungen zu erbringen.
Priv.-Doz. Dr. Jörg Neugebauer (l.) und Prof. Dr. Germán Goméz-Román.
Prof. Dr. Germán Goméz-Román (Tübingen) betrachtete speziell die Komplikationen bei der Sofortimplantation. Da die Technik vorwiegend dort eingesetzt werde, wo Ästhetik ein wichtiger Aspekt sei, nämlich im Frontzahnbereich des Oberkiefers, übten auftretende Komplikationen hier natürlich erheblichen Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten/-innen aus. Der Tübinger Professor nannte als Faktoren, die Einfluss auf die in dieser Region auftretenden Knochenrezessionen haben können, den Einsatz von provisorischen Versorgungen sowie die Augmentationen mit Knochen, Knochenersatzmaterialien und/oder Weichgewebe. Er widersprach allerdings jenen Autoren/-innen, die Knochenresorptionen allein auf die chirurgische Technik zurückführen. Bei genauerem Betrachten vieler Studien stelle man auch fest, dass teilweise Implantatsysteme verwendet würden, die nicht für die Sofortimplantation entwickelt worden seien.
Verletzung benachbarter Strukturen
Arne König (Darmstadt) fokussierte die chirurgischen Komplikationen. Anhand einer retrospektiven Studie, die die Häufigkeit von Zwischenfällen bei 900 Patienten/-innen untersucht hat, stellten vor allem Blutungen im Mundbodenbereich, Läsionen des Nervus alveolaris inferior, Perforationen in den Sinus maxillaris und thermische Schädigungen bei der Implantatbettaufbereitung ein mögliches Risiko dar. Postoperativ stehe die Periimplantitis im Vordergrund. Insgesamt seien 2.028 Implantate inseriert worden – davon eine Mehrzahl im Oberkiefer. König machte deutlich, dass diese Studie ausschließlich Komplikationen erfasst habe, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Implantatinsertion stehen. „Insgesamt fällt in vielen Bereichen eine unzureichende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den implantologisch bedeutsamen Komplikationen auf“, lautete Königs Conclusio. Er forderte prospektive Langzeituntersuchungen mit möglichst großen Fallzahlen.
Arne König (l.) und Prof. Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen.
Nervschädigungen und ihre Behandlung
Als „schwierigsten Fall“ in der Implantologie bezeichnete Prof. Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen (Freiburg) die Nervschädigung. Schädigungen der Nervus alveolaris inferior im Rahmen von Implantationen treten nach Ansicht des Freiburger Professors in ihrer unterschiedlichen Ausprägung dauerhaft mit einer Rate von 7 bis 13 Prozent auf. Verursacht würden diese Nervschädigungen in der Regel bereits bei der Präparation des Implantatbettes, die Implantatinsertion in den Nervkanal in unterschiedlichem Ausmaß trage zu dem Trauma bei. Insbesondere im Unterkiefer und bei Inserieren eines Implantates in Nervnähe sei eine intra- oder postoperative Röntgenkontrollaufnahme obligat. Das alleinige „Zurückdrehen“ eines Implantates könne nicht als sichere Behandlungsmaßnahme bei einer Position im Nervkanal gelten. Sein Rat: „Nicht zurückdrehen, machen Sie es raus!“
„Prothetische Langzeitkomplikationen“ war das Thema von Prof. Dr. Walther Wegscheider (Graz). Der Professor aus Graz ließ nochmals die Komplikationen mit Versorgungen Revue passieren, die heute fast schon als historisch zu sehen sind. Bruch von Stegen und Extensionsstegen, unterdimensionierte Lotstellen und Armierungen, Risse und Brüche in Kunststoffprothesen sind einige der bekannten Probleme. Metallbasen und moderne CAD/CAM-Systeme helfen, solche Komplikationen zu vermeiden.
Prof. Dr. Walther Wegscheider (l.) und Dr. Dr. Martin Bonsmann.
Wann Explantation?
Am Ende eines Misserfolgs steht die Explantation. Dieses Thema griff Dr. Dr. Martin Bonsmann (Düsseldorf) als letzter Referent des 5. Experten Symposiums auf. Beeindruckend waren die Fälle von Knochen- und Weichteilschäden, entstanden bei der Implantation oder nach langer Tragedauer der prothetischen Versorgung. Wann Explantation? Bonsmann schloss sich der Meinung von Prof. Dr. Dr. Schmelzeisen an, zu explantieren
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