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Vom Mobbing zur Gemeinschaft

Dr. Lea Höfel

Dr. Lea Höfel

Do. 9 Juni 2011

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GARMISCH-PARTENKIRCHEN - An dieser Stelle können die Leser Dr. Lea Höfel Fragen im Bereich Psychologie in Bezug auf Patienten, das Team und sich selbst stellen.

Höfel ist langjährige Autorin der ZWP (Oemus Media AG). Diesmal geht es um die Frage, wie das Praxisteam mit einer neuen „schwierigen“ Kollegin und dem Thema Mobbing umgehen sollte. Psychologin Dr. Lea Höfel antwortet.

Anfrage: In unserer Praxis ist eine neue Helferin, die ständig schlechte Laune hat und nur mit uns spricht, um über andere zu lästern. Wir anderen (neun Teammitglieder) sind inzwischen so genervt von ihr, dass wir gar nicht mehr mit ihr reden möchten. Jetzt hat sie sich auch bei den Zahnärzten über uns beschwert, sodass uns schon eine große Besprechung angekündigt wurde. Was können wir tun, um mit dieser Helferin besser auszukommen?

Zu Anfang meiner Antwort möchte ich betonen, dass ich es sehr wertschätze, dass Sie nach einer Lösung suchen und Wege finden möchten, mit Ihrer Kollegin „besser auszukommen“. Häufig wird in einer solchen Situation gar nicht mehr aktiv nach Möglichkeiten gesucht, einen positiven Ausgang zu erarbeiten. Ich möchte gemeinsam mit Ihnen zwei Wege betrachten, die die von Ihnen geschilderte Ausgangssituation nehmen kann – Sie stehen quasi an der Weggabelung.

Der negative Weg
Der eine Pfad führt in Richtung Mobbing. Die ersten Anzeichen dafür sind in Ihrer Frage bewusst oder unbewusst eingebaut. Sie reden von der Helferin auf der einen Seite und Teammitgliedern auf der anderen, was eine gewisse Ausgrenzung beinhaltet. Sie deuten an, dass Sie nicht mehr mit ihr reden möchten, was auf einen Kommunikationsstopp hinweist. Latent unterstellen Sie ihr, dass die Besprechung mit den Zahnärzten aufgrund ihrer Beschwerde stattfindet. Die Vorboten von Mobbing sind vorhanden, doch was beinhaltet das im Extremfall? Eine Person, die gemobbt wird, verspürt am Arbeitsplatz den reinsten Psychoterror. Sie empfindet Frust, Ärger und Angst. Die schlechte Laune Ihrer Kollegin kann damit im Zusammenhang stehen. Wäre die Anfrage von der betroffenen Person gestellt worden, würde ich an dieser Stelle noch stärker auf die Klassifizierungsmöglichkeiten von Mobbing eingehen, damit sie sich orientieren könnte. Sie aber suchen nach Lösungsmöglichkeiten, weshalb wir an der Weggabelung die positive Richtung wählen.

Der positive Weg
Versetzen Sie sich mit Ihren Kolleginnen einmal in die Situation der betroffenen Helferin. Sie ist neu im Team und hat alleine dadurch schon einen schwierigen Start. Momentan sieht sie als einzige Kommunikationsmöglichkeit, über andere zu lästern. Sie hat bisher wenig Warmherzigkeit im Team erfahren und denkt eventuell, dass sie mit dieser Methode Gehör findet. Dass sie diese Tätigkeit nicht mit Glück und Freude erfüllt, spricht für ihren Charakter. Sie merkt wahrscheinlich deutlich, dass sich der Rest des Teams von ihr zurückzieht. Daraufhin erhöht sich ihre schlechte Laune. Was könnte hinter der schlechten Laune verborgen sein? Unsicherheit, Unwissen, Angst um den Arbeitsplatz etc. Da das Team nicht mit ihr redet, wendet sie sich schließlich zur Klärung an die Zahnärzte. Die auslösende Situation für die Besprechung ist dabei nicht die Anfrage, sondern das vorhe-rige Verhalten im Team.

Das Ziel muss Gemeinsamkeit sein. Lassen Sie kurz folgenden Spruch auf sich wirken: „Liebe mich am meisten, wenn ich es am wenigsten verdient habe. Denn dann brauche ich es am meisten.“ Fragen Sie sich alle im Team, ob Sie selbst glücklich werden, wenn die neue Helferin gemobbt wird und traurig ist. Kommunizieren Sie mit Ihrer Kollegin und zeigen Sie Interesse, auch wenn Ihnen das zu Anfang schwer fällt. Wenn Sie es mit Ihren anderen acht Kolleginnen können, geht es auch mit der neunten. Helfen Sie ihr, die Arbeitsabläufe in der Praxis kennenzulernen. Verteilen Sie gerechte Aufgaben und loben Sie sie. Vereinbaren Sie mit dem ganzen Team ein Arbeitsklima der Offenheit und des Zusammenhalts. Dazu gehört auch die Vermeidung von Lästereien hinter dem Rücken der anderen. Nutzen Sie die Besprechung als Möglichkeit, diese Verhaltensweisen offiziell für alle zu diskutieren und für das gesamte Team festzulegen. Aus meiner Erfahrung sind die Zahnärzte sicherlich froh, wenn der Konflikt schon intern gelöst ist und sie über den positiven Ausgang informiert werden. Sehen Sie das Verhalten Ihrer Kollegin als Chance, den Zusammenhalt und ein gutes Arbeitsklima zu fördern – eventuelle Stolpersteine werden gemeinsam aus dem Weg geräumt.

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