WIEN - Die Medizinische Universität Wien beteiligt sich seit April 2011 am EU-Projekt "RESTORE". Das Programm beschäftigt sich mit der medizinischen Betreuung von Migranten in der medizinischen Grundversorgung.
Ziel ist es, bis 31. März 2015 sowohl für die Patienten, als auch für die Allgemeinmediziner und Kostenträger der medizinischen Versorgung einen Vorschlag zur Verbesserung des Miteinanders präsentieren zu können.
Leiter des Projekts in Österreich ist der Allgemeinmediziner Wolfgang Spiegel von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. „Bei der Betreuung von Migranten sind die sprachlichen und kulturellen Barrieren größer als landläufig bekannt. Um herauszufinden, wo den Patienten der Schuh drückt, interessieren uns auch Aspekte, die mit der Krankheitswahrnehmung zusammenhängen“, umreißt er einen der Problembereiche. Und zwar nicht nur, was die Beschwerden bzw. die Symptome an sich betrifft, sondern auch was Ängste, Hoffnungen oder die sozialen und familiären Folgen des "Krankseins" betrifft. Spiegel: „Solange sprachliche und kulturelle Barrieren bestehen, ist eine vertrauensvolle Arzt-Patient-Beziehung schwer zu etablieren. Das gilt insbesondere für psychosoziale Probleme und psychiatrische Störungen.
„Das Potenzial für Missverständnisse verringern“
Viele Patienten bringen einen Familienangehörigen mit zur Behandlung, der als Dolmetscher fungiert, weiß Spiegel aus eigener Erfahrung als Allgemeinmediziner in Wien-Ottakring. Doch auch beim Einsatz von Laiendolmetschern können unterschiedliche Mißverständnisse auftreten: „Oft wird die Mitteilung oder Frage das Arztes oder der Ärztin falsch übersetzt oder vom dolmetschenden Angehörigen missverstanden.“ Dann könne es schon passieren, dass der Arzt meint, ein Einvernehmen mit einer Patientin hergestellt zu haben – zum Beispiel für eine bestimmte Therapie oder die stationäre Aufnahme – aber tatsächlich vom Patienten die gegenteilige Position eingenommen wird.
„Wir wollen mit der Methode ‚partizipatives Lernen und Handeln’ in diesem Projekt Alternativen und Lösungsansätze erarbeiten. Beispielsweise könnte es erforderlich sein, die mitgebrachten Laiendolmetscher kurz über den Dolmetschvorgang zu informieren oder mit ihnen eine vorher festgelegte Checkliste durchzugehen. Wir werden auch verschiedene Modelle zum Einsatz professioneller medizinischer Dolmetscher untersuchen, zum Beispiel telefonische Dolmetschdienste.“
Schwerpunkt psychische Gesundheit
Klinischer Schwerpunkt des österreichischen Anteils an diesem europäischen Forschungsprojekt ist die psychische Gesundheit. „Migration ist oft ein Wegbereiter für seelische Erkrankungen und Traumata. Spiegel: „In der Allgemeinmedizin begegnen wir täglich Migranten, die sich mit psychischen Beschwerden an uns wenden. Hier jene herauszufinden, die psychiatrischer Behandlung bedürfen und die Patienten bei spezialisierten psychiatrischen Diensten vorzustellen, ist keine einfache Aufgabe.“.
Die ersten konkreten Ergebnisse aus dem Projekt sind im Frühjahr 2012 zu erwarten. Derzeit wird der Ist-Stand der Empfehlungen und Forschungsergebnisse gesichtet und mit Gruppen von Betroffenen (ÄrztInnen, MigrantInnen, Vertretern von Organisationen) über Ideen und Wünsche gesprochen.
Über RESTORE
RESTORE ist ein von der Europäischen Kommission finanziertes Forschungsprojekt. Es zielt darauf ab, die medizinische und psychosoziale Grundversorgung für MigrantInnen in Europa zu optimieren. Mit Hilfe von innovativen Forschungsmethoden, wie dem partizipativen Lernen und Handeln (PLA) und der Normalisierungsprozesstheorie (NPT) soll erforscht werden, wie kulturelle und sprachliche Barrieren im Kontakt zwischen MigrantInnen und AllgemeinärztInnen bzw. Ordinationspersonal, überwunden werden können. Gleichzeitig soll untersucht werden, wie verfügbare Ressourcen effizient in Gesundheitssysteme in ganz Europa integriert werden können. Ins Projekt involviert sind Universitäten aus Österreich, Griechenland, England, Schottland, Irland und den Niederlanden.
Service: http://fp7restore.eu/
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