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Studie offenbart Geschlechterunterschiede in der Forschung

Die Studie zeigt: Männer bewerten ihre Forschung häufig als besonders wichtig. © takasu - Shutterstock.com
Universität Mannheim

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Mi. 5 Februar 2020

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MANNHEIM - Männliche Wissenschaft­ler bezeichnen ihre Forschungs­ergebnisse häufiger als „ausgezeichnet“, „neuartig“ und „einzigartig“. Das ergab eine groß angelegte Studie eines internationalen Forscherteams der Universität Mannheim, der Harvard Medical School und der Yale University.

Anschein ist Realität, sagt man häufig, und dies trifft sogar auf die Ergebnisse von medizinischer und bio­wissenschaft­licher Forschung zu. Die Sprache, die Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaft­ler wählen, um ihre Entdeckungen zu beschreiben, kann den Grad der Aufmerksamkeit von Fach­kollegen steigern, nachfolgende Zitierungen fördern und womöglich den beruflichen Aufstieg erleichtern. Dabei verwenden männliche Wissenschaft­ler Wörter wie „ausgezeichnet“, „neuartig“ und „einzigartig“ in den Überschriften und Zusammenfassungen ihrer Artikel viel häufiger als Frauen. Dies sind die Ergebnisse einer Studie, die von einem internationalen Forscherteam von der Universität Mannheim, der Harvard Medical School und der Yale University durchgeführt und im Fach­journal BMJ veröffentlicht wurde.

Die groß angelegte Studie, die geschlechts­spezifische Unterschiede in der sprachlichen Gestaltung der biomedizinischen Forschung quantifiziert, ist die erste ihrer Art. Die Forscher analysierten mehr als sechs Millionen klinische und bio­wissenschaft­liche Publikationen und stellten fest, dass männliche Hauptautoren mit einer um bis zu 21 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit positives Framing in Überschriften und Zusammenfassungen verwenden. Mit „positivem Framing“ wird eine Sprache bezeichnet, welche die Ergebnisse als besonders wichtig einstuft. Der Unterschied der positiven Präsentation zwischen den Geschlechtern war in bedeutenden klinischen Fach­zeitschriften am größten.

Die Untersuchung zeigte auch, dass die Verwendung positiver Wörter einen signifikanten Einfluss darauf hatte, wie die Forschung von Lesern wahrgenommen wurde. Positives Framing war mit mehr nachfolgenden Zitierungen verbunden. Der Effekt betrug in besonders bedeutsamen klinischen Fach­zeitschriften mit hohem Impact Factor bis zu 13 Prozent.

„Unterschiede, wie Frauen ihre Forschungs­leistungen im Vergleich zu Männern präsentieren, könnten zu der anhaltenden Benachteiligung von Wissenschaft­lerinnen beitragen“, so Assistenzprofessor Marc Lerchenmüller von der Universität Mannheim, der die Studie geleitet hat. „Eine theoretische Erklärung wäre, dass Männer möglicherweise ihre Forschung stärker ‚verkaufen’, weil die Gesellschaft bei ihnen ein solches Verhalten eher akzeptiert. Wir wollten einen potentiellen Geschlechter­unterschied aber quantifizieren“, beschreibt der Ökonom die Motivation für die Studie.

Um mögliche Änderungen in der redaktionellen Praxis im Laufe der Jahre oder zwischen den Zeitschriften zu berücksichtigen, verglichen die Forscher Artikel aus derselben Publikation und aus demselben Jahr miteinander. Das Forscherteam verglich ferner nur Veröffentlichungen mit ähnlicher Thematik und Aktualität.

Was kann gegen eine sprachbedingte Benachteiligung getan werden?

Trotz steigender Zahl von Frauen in der Wissenschaft, sind Wissenschaft­lerinnen nicht nur an medizinischen und bio­wissenschaft­lichen Fakultäten weiterhin unterrepräsentiert. Frauen verdienen außerdem weniger und erhalten weniger Forschungs­stipendien und Zitierungen als ihre männlichen Kollegen. Dies wird von vielen systemischen, sozialen und kulturellen Faktoren beeinflusst, einschließlich bewusster und unbewusster Vorurteile.

Was kann also getan werden, um mögliche Auswirkungen derartiger sprachlicher Disparitäten zu mildern? Der erste Schritt bestehe darin, Evidenz zu sammeln und das Bewusstsein für Unterschiede, wo immer sie auch existieren, zu schärfen, sagten die Forscher.

„Es ist nützlich sowohl für Frauen als auch Männer, sich darüber im Klaren zu sein, dass diese Unterschiede in der Sprachverwendung existieren und dass sie die Wahrnehmung von Forschung beeinflussen können“, sagte Lerchenmüller.

Die Forscher bestätigen, dass das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern in der biomedizinischen Forschung und in der akademischen Medizin viele Ursachen hat. Dies bedeutet, dass zunehmende Gerechtigkeit Ansätze in den verschiedensten Bereichen erfordert, einschließlich Bildung, Mentoring und Publizierpraxis.

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