DT News - Austria - „Nehmen Sie die weltweite Armut mit einer Zustiftung in Ihre Zange!“

Search Dental Tribune

„Nehmen Sie die weltweite Armut mit einer Zustiftung in Ihre Zange!“

In Bugko, Philippinen, arbeiten Zahnärzte nun in einem gut ausgerüsteten Behandlungszimmer (Foto: HDZ).
Anja Worm, DTI

Anja Worm, DTI

Do. 10 Dezember 2009

Speichern

LEIPZIG – Das Hilfswerk Stiftung Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete (HDZ) fördert eine Vielzahl von Hilfsprojekten weltweit. Seit 22 Jahren ist Dr. Klaus Winter, Zahnarzt aus Göttingen, im Hilfswerk aktiv. Anja Worm, DTI, sprach mit dem Vorsitzenden des HDZ über die Stiftungsarbeit, ehrenamtliches Engagement und die Probleme der Entwicklungshilfe.

Anja Worm: Die Stiftung unterstützt 900 Projekte weltweit. Wie ist das realisierbar?
Dr. Klaus Winter: Das HDZ fördert Unterstützungsprojekte selbst oder indem es mit verschiedenen Institutionen, also Einrichtungen mit ähnlicher Zielsetzung wie die Salesianer Don Boscos und den Lazarus Orden oder lokale Organisationen und Selbsthilfegruppen, unterstützt. In den letzten 20 Jahren entwickelte sich daraus ein intaktes karitatives, diakonisches Netzwerk.

Die Stiftung unterstützt finanziell eine Vielzahl von Projekten. Nach welchen Kriterien sucht die Stiftung diese aus?
Das HDZ fördert satzungsgemäße Projekte, die dazu beitragen, die medizinischen und zahnmedizinischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Lebensbedingungen armer und benachteiligter Bevölkerungsgruppen in den Entwicklungsländern unmittelbar zu verbessern. Zu diesen Gruppen gehören vor allem Straßenkinder, notleidende Familien, kranke und alte Menschen. Wir sind uns dessen bewusst, dass unsere Hilfe allein nicht das Elend dieser Welt beseitigen kann. Unsere gemeinsame Hilfe werden wir gezielt einsetzen, um wenigstens in einigen Notgebieten neue Hoffnung keimen zu lassen.

Initiiert die Stiftung auch selbst Projekte?
Aufgabe des HDZ ist eine Mittlerfunktion. Das HDZ führt nicht eigenverantwortlich Projekte in Entwicklungsländern durch, sondern kooperiert mit professionellen Trägerstrukturen wie beispielsweise privaten oder staatlichen, kirchlichen oder nichtkirchlichen Einrichtungen. Das satzungsgemäße Leitbild soll dabei sein: Menschen zu helfen, die sich selbst nicht helfen können. HDZ-eigene Initiativen entstehen oftmals auf meinen Inspektionsreisen. Hier werden bei der Projektübergabe oftmals neue Hilfsmaßnahmen initiiert. Projektideen zu haben ist die eine Seite. Finanzielle Mittel dafür bereitzuhalten und schließlich diese Ideen vor Ort umzusetzen, stehen auf der Kehrseite.

Unsere Stiftung ist personell eine sehr kleine Stiftung, sodass wir auf zuverlässige, kompetente Partner angewiesen sind. Der volle Name der Stiftung lautet „Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete“.

Ist die Bekämpfung von Lepra noch ein zentraler Schwerpunkt Ihrer Arbeit?
Gründer des Hilfswerkes war der Göttinger Zahnarzt Carl-Heinz Bartels, der 2001 verstorben ist. Er hatte eine Leprastation auf der Insel Koh Klang im Norden Thailands besucht und mit Betroffenheit festgestellt, dass das Hospital keine Zahnstation besaß. Dies ist die Geburtsstunde des Hilfswerkes gewesen.

Die Menschheit ist heute noch die Geisel der Lepra. Ihre Bekämpfung ist immer noch ein Teil unserer Projektarbeit. In Indien unterstützen wir in Mumbai, also in Bombay, ein Lepra-Projekt seit vielen Jahren. Hier wird medizinisches Hilfspersonal ausgebildet, das die Lepraerkrankten regelmäßig besucht, bei der Erstellung von Untersuchungs- und Behandlungsplänen mitwirkt, die Möglichkeiten chirurgischer Behandlungen prüft und die erforderliche häusliche Pflege bei invaliden Leprapatienten organisiert.

Abb. 1: Besuch von Dr. Winter im Shitan-Kinderheim, China. Hier leben die Kinder, deren Eltern an Lepra erkrankt und isoliert wohnen. Abb. 2: Orthopädische Werkstatt – durch das HDZ gefördert – im zentralen Lepradorf Ya Xi, China. Die Stiftung besteht seit mehr als 20 Jahren. Was hat sich im Laufe der Zeit in Ihrer Entwicklungsarbeit verändert?
Wir besitzen in Göttingen ein umfangreiches Sachlager, das in erster Linie gespendete zahnmedizinische Geräte, Instrumente und Materialien entgegennimmt. In den vergangenen 28 Jahren haben wir hier circa 190 komplette Zahnstationen, also von der Watterolle und Bohrer bis zum Patientenstuhl und dem Behandlungsgerät mit Röntgeneinrichtung, Sterilisator und Kompressor, in die betroffenen Gebiete transportiert. Das hat sich nun verändert. Die sperrigen zahnmedizinischen Geräte kaufen wir meistens vor Ort ein. Halten damit die dortige Industrie am Laufen und vor allem sind die neuen Geräte preiswerter, inklusive Wartung und Garantie. Instrumente und Materialien ergänzen wir und versenden diese oftmals noch von Göttingen aus.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Korruption in Entwicklungs- und Schwellenländern auch für Hilfsprojekte ein Hindernis in ihrer Arbeit darstellt, das es immer wieder zu überwinden gilt. Was denken Sie, wie sollten Entwicklungshilfeprojekte mit dem Problem umgehen?
Das HDZ sucht eine Entwicklungszusammenarbeit, die mit lokalen Ansprechpartnern, mit lokalen Organisationen eine direkte Beziehung aufnimmt. Die geförderten Projekte beinhalten klar definierte Ziele, welche möglichst unter hoher Beteiligung der geförderten Zielgruppen innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens realisiert werden sollen. Diese Hilfe versickert nicht, diese Hilfe bleibt nicht anonym. Exakte Kostenangebote, Überwachung der Ausführungen, Jahreserfolgsberichte, Fotodokumentation sowie Inspektionsreisen lassen das Risiko für Korruption kleiner werden. Aber ob man es ganz ausschließen kann, weiß ich nicht.

Welche weiteren Probleme treten bei der Stiftungsarbeit in den Ländern auf?
Um eine hohe Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Projekte sicherzustellen, müssen die Begünstigten lernen, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen. Eigene Kräfte vor Ort zu mobilisieren, ist oft ein Problem, aber ich sehe auch immer mehr Hoffnung und Selbstvertrauen, wenn die Bedingungen sich durch unsere Hilfe verbessert haben. Für Zahnarztpraxen besteht die Möglichkeit, Altgold abzugeben.

Abb. 1: Die bisherige zahnärztliche Behandlung konnte in Bugko, Philippinen, nur im Freien angeboten werden. Abb. 2: Anlieferung der Zahnstation im Gesundheitszentrum in Bugko.

Wie wichtig sind die Beträge, die durch das Altgold zusammenkommen?
Neben Geld- und Sachspenden partizipiert das HDZ in erster Linie von der sogenannten guten alten Zeit, als der Zahnersatz noch mit Gold hergestellt wurde und als jeder Patient, der festen Zahnersatz benötigte, diesen zum Krankenkassen-Nulltarif erhielt. Bis 1990 betrug der Zahngoldverbrauch in der alten Bundesrepublik jährlich etwa 60 Tonnen. In den Folgejahren nahm er stetig ab und rutschte im Jahr 2005 auf circa 16 Tonnen. So gesehen, ist das HDZ der goldigen Vergangenheit eigentlich zu größtem Dank verpflichtet, da wir aus den Erlösen Menschen helfen, die sich selbst nicht helfen können. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Firma Heraeus Kulzer dem HDZ nach Aufarbeiten des Altgoldes die Erlöse kostenfrei zur Verfügung stellt.

Herr Winter, wie ist die Arbeit nebenberuflich zu schaffen?
Ohne die Unterstützung meiner Familie und besonders die meiner lieben Frau, die von Anfang an sich der eintreffenden Altgoldsendungen gewidmet hat, hätte das HDZ dieses Ergebnis nicht erzielen können. Für die Humanitas bleiben nur das Wochenende und die Ferien, bleibt jede freie Minute, die der Beruf und Familie übrig lassen. So geht es allen, die mitarbeiten an dieser Aufgabe. Wenn man die humanitäre Tätigkeit als Bereicherung der eigenen Lebensanschauung und Lebenswerte und als notwendiges soziales Engagement ansieht, dann kann diese Arbeit nicht zur Last werden. Wer einmal das unendliche Leid in den Vororten einer südamerikanischen Großstadt, die überfüllten Etagen eines Armenkrankenhauses, das Dahinvegetieren in den Hütten der Leprakranken (die nach wie vor als Aussätzige geächtet werden) gesehen hat, der weiß, das jeder Tropfen Hilfe ein Stück Hoffnung bringt auf ein Leben, das lebenswerter ist.

Wie können sich Zahnärzte bei Ihrer Stiftung beteiligen?
Das HDZ wünscht sich, dass in Zukunft die Zahnärzte ihre eigene Spendenbereitschaft zugunsten des HDZ unter Beweis stellen. Das Ziel des Wunsches ist die kontinuierliche Erhöhung unseres Stiftungskapitals, damit aus dessen Renditen die weltweiten Hilfsmaßnahmen auch nachhaltig im Sinne der Satzung erbracht werden können. Ich habe 2007 anlässlich des 20. Geburtstages des HDZ und während des deutschen Zahnärztetages in Düsseldorf alle Kolleginnen und Kollegen aufgerufen, einen jährlichen Beitrag von sage und schreibe zehn Euro zugunsten des Stiftungskapitals zu leisten und habe zugleich die Verantwortlichen in den KZVen und Länderkammern sowie die zahnärztliche Presse gebeten, mich bei der Umsetzung dieses Aufrufs zu unterstützen. Mein Ziel ist, dass die Kollegenschaft künftig im HDZ ein Aktionsbündnis und die Akteure sich in dieser Einrichtung vernetzt sehen. Ich spreche aus Erfahrung: Spenden verbindet! Mein Aufruf deswegen an die Kollegenschaft: Nehmen Sie die weltweite Armut mit einer Zustiftung in ihre Zange! Ohne Wurzeln gibt es keinen Baum und keine Früchte. Das HDZ will als helfende Einrichtung auch in Zukunft ein Teil der Lösung sein und nicht ein Teil des Problems.

Abb. 1: Transport der HDZ-gesponserten Zahnstation (Ausrüstungsgegenstände auf dem Jeep) von der Hauptstadt Taschkent zur Klinik Usbekjab, Usbekistan. Abb. 2: Anlieferung der vom HDZ finanzierten Behandlungsgerät, Instrumente, Materialien etc. in Usbekjab.

Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte
Nachdem der Göttinger Zahnarzt Carl-Heinz Bartels eine Leprastation, die keine Zahnstation besaß, in Thailand besuchte, gründete er 1981 die „Patenschaft niedersächsischer Zahnärzte für Lepragebiete“. Sieben Jahre später wurde das Hilfswerk Stiftung Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete (HDZ) als Stiftung anerkannt. Das HDZ unterstützt gegenwärtig 900 Projekte weltweit, im medizinischen und sozialen Bereich. Credo aller Projekte ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Zentrale Ziele sind die Besiegung von Lepra, die Bekämpfung von AIDS, zahnmedizinische Prophylaxe, Trinkwasserversorgung, Verbesserung der Hygiene und Katastrophenhilfe. Das HDZ basiert auf ehrenamtlicher Arbeit und wird von drei Personen verwaltet. Im vergangenen Jahr gab die Stiftung über eine Million Euro für Hilfsprojekte aus.

Spendenkonto:
Hilfswerk Deutscher Zahnärzte
Bankinstitut: Deutsche Apotheker- und Ärztebank, Hannover
Konto-Nr.: 0604444000
BLZ: 250 906 08
IBAN : DE28300606010004444000
S.W.I.F.T.: DAAEDEDD
 

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

advertisement
advertisement