WIEN – Der konventionelle Zahnabdruck mit dem Abformlöffel könnte in wenigen Jahren Geschichte sein. Schon jetzt werden an der Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der MedUni Wien viele Abdrücke zur Anfertigung von Zahnersatz im Rahmen einer Spezialambulanz digital mit Hilfe von CAD/CAM (computer-aided design/computer-aided manufacturing) abgeformt. Das Anwendungsspektrum reicht vom einzelnen Implantat bis hin zur Totalprothese. Damit gehört die Wiener Universitätszahnklinik zu den auf diesem Gebiet führenden Kliniken in Europa.
„Bei besonders anspruchsvollen Fällen in der Oralchirurgie bis hin zu komplexen prothetischen Restaurationen in der Prothetik wird die digitale Abformung bereits an der MedUni Wien eingesetzt. Gleichzeitig liefern wir damit sowohl in der Forschung als auch in der klinischen Praxis wichtigen, entwicklungstechnischen Input an der Weiterentwicklung der CAD/CAM Technologie“, erklärt Andreas Moritz, Leiter der Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde.
Wie beim herkömmlichen Verfahren werden zunächst die Zähne – etwa mit einem Beschliff – vorbereitet, anschließend werden der präparierte Zahn, die Nachbarzähne und die gegenüberliegenden Zähne mit Hilfe eines kleinen, ergonomisch geformten Scanners kontaktlos im Mund optisch abgetastet. Die somit gewonnenen Bilddaten werden am Computer in ein 3-D-Modell umgerechnet und von einer Zahntechnikerin bzw. einem Zahntechniker digital weiter verarbeitet.
„Die Software übernimmt all jene Arbeitsschritte der Zahntechnik, die im herkömmlichen Verfahren per Hand erledigt werden müssen. Der Zahntechniker ist heutzutage vielmehr ein Zahndesigner und kann den Zahnersatz perfekt virtuell anpassen“, sagt Tom Vaskovich, Leiter des zahntechnischen Labors der MedUni Wien. Ist der optische Abdruck und die virtuelle Konstruktion erfolgt, wird mit der computergestützten Fräsmaschine (CAM) der Zahnersatz gefertigt. Ein physisches Modell ist bei Einzelzahnrestaurationen oftmals nicht mehr vonnöten. Man kann „model-free“ ohne Qualitätseinbußen arbeiten. Das Modell wird dann nur mehr zu Kontrollzwecken herangezogen.
„Die Vorteile für das Behandlungsteam sind vor allem eine noch höhere Präzision bei der Erstellung des Abdrucks, die Möglichkeit, sehr schnell die Abdruckqualität kontrollieren zu können und die leichte Reproduzierbarkeit und Verfügbarkeit der Datensätze“, sagt Moritz. Die Vorteile für die Betroffenen sind unter anderem die schonendere Abdrucknahme, die Möglichkeit, auch nach Operationen rasch und kontaktlos Abdrücke machen zu können und die noch exaktere Passform des Zahnersatzes durch die digitale Abformung.
In rund drei Jahren, so die Experten der MedUni Wien, sollte diese neue Technik so weit entwickelt sein, dass man fast alle Abdrücke digital machen kann. Die CAD/CAM-Technologie wurde übrigens zunächst für Raumfahrt und Autoindustrie entwickelt und schließlich in die moderne Zahntechnik übernommen.
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