Die Vitalamputation permanenter Zähne

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Die Vitalamputation permanenter Zähne

Dr. Robert Teeuwen, Deutschland

Dr. Robert Teeuwen, Deutschland

Mi. 16 Juni 2010

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GEILENKIRCHEN – Die Vitalamputation (VitA) von Milchzähnen ist eine allgemein akzeptierte Maßnahme zum Erhalt ihrer Funktionstüchtigkeit für einen begrenzten Zeitraum. Dagegen wird die VitA von Permanentes nur mit eingeschränkter Indikation befürwortet. Während therapeutische Mittel wie Calciumhydroxid Ca(OH)₂ und MTA zur Vitalamputation empfohlen werden, sind die Aussagen zur Verwendung von formaldehydhaltigen Mitteln kontrovers. Eine Langzeitstudie aus einer allgemein zahnärztlichen Praxis vermittelt eine Übersicht über die Erfolgsrate des zur VitA verwendeten, formaldehydhaltigen N2 im Vergleich zur Vitalexstirpation an Molaren.

Die ESE [1] definiert die Pulpaamputation als eine Maßnahme, bei der ein Teil des exponierten, vitalen Pulpengewebes in der Absicht entfernt wird, die Vitalität und Funktion der verbleibenden Pulpaanteile zu erhalten. Die ESE sieht folgende Indikationen zur Vitalamputation (= Pulpotomie):

1. Behandlung von Milchzähnen
2. Behandlung von Permanentes mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum
3. Notfallmaßnahme.

2. und 3. beinhalten die Option zu einer späteren definitiven Wurzelkanalbehandlung (WKB). Seidler [2] befürwortet die VitA bei akzidentell eröffneter Pulpa in jungen Molaren und stark gekrümmten, engen Wurzelkanälen. Für Stern [3] stellen auch Probleme bei der Mundöffnung eine VitA-Indikation dar. McDougal et al. [4] erweitern die Indikation zur Pulpotomie um ökonomische Aspekte, da manche Patienten/-innen die Kosten für eine WKB nicht tragen können oder wollen. Nach Swift et al. [5] darf ein Erfolg der VitA eher nach traumatischer oder mechanischer als nach kariöser Eröffnung der Pulpa erwartet werden. Die Autoren halten einen Erfolg für vorhersehbar unter den Voraussetzungen, dass die Pulpa nicht entzündet ist, der Verschluss bakteriendicht ist und ein von der Pulpa tolerierten Überkappungsmaterials verwendet wird. Seidler erscheinen folgende Aussagen als für die Prognose valide:

– Ein höherer Erfolg wird bei iatrogener Eröffnung der Pulpa beobachtet.
– Bei abgeschlossenem Wurzelwachstum ist der Behandlungserfolg reduziert.
– Molaren zeigen einen höheren Erfolg als Frontzähne.

Für eine Pulpotomie mit Ca(OH)₂ setzt Jensen [6] voraus, dass anamnestisch keine Schmerzen vorgelegen haben. Die Bedeutung des Negativfaktors „Schmerzen vor der VitA“ wiesen Teixeira et al. [7] nach. In ihrer Studie über 41 mit Ca(OH)₂ vitalamputierten Permanentes hatten 12 anamnestische Schmerzen. Die Pulpotomie dieser schmerzenden Zähne mündete nach sechs bis acht Monaten zu 50% (n = 6) in einen Misserfolg, während alle anderen vitalamputierten Zähne als erfolgreich behandelt galten.

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McDougal et al. berichteten von 73 Eugenol-Pulpotomien an schmerzenden permanenten Molaren und Prämolaren. Nach sechs Monaten war ein klinischer Erfolg von 90%, nach zwölf Monaten von 78% zu verzeichnen. Die bei der Nachuntersuchung schmerzfreien Zähne wurden einer röntgenologischen Kontrolle unterzogen. Radiologisch waren nach sechs Monaten 49%, nach zwölf Monaten 42% ohne pathologischen Befund. Nach Jensen ist die Pulpotomie der Versuch, eine Hartgewebsheilung im Bereich der Amputationsstelle zu stimulieren. Fountain und Camp [8] machten darauf aufmerksam, dass nach einer Pulpotomie eine Kanalverkalkung, interne Resorption bzw. eine Nekrose der Pulpa eintreten kann. Die Autoren Kozlow und Massler [9] weisen auf Literatur hin, nach der die Formation einer Dentinbrücke in Rattenzähnen unter nicht-calciumhaltigen Materialien wie Wachs, Amalgam, Acryl-Resin, Zinkoxid-Eugenol eintrat. In humanen Zähnen gelang das Bridging unter Ca(OH)₂ zu 43%, unter einer antibiotischen Applikation zu 23%. In eigenen Versuchen an Rattenzähnen stellten die Autoren eine gute reparative Reaktion mit vollständigem Bridging nach Pulpotomie mittels Ca(OH)₂, Zinkoxid-Eugenol, Kortison und Silber-Amalgam fest.

Nach Alacam [10] werden für die Pulpotomie verschiedene Materialien empfohlen: Ca(OH)₂, Formocresol, Glutaraldehyd, Eisensulfal, Zinkoxid-Eugenol und Polycarboxylat-Zement. Salako et al. [11] verglichen an Rattenzähnen die Mittel Mineral-Trioxid-Mineral (MTA), Formocresol, Eisensulfat und bioaktives Glas (BAG) hinsichtlich ihrer Pulpotomie-Kompatibilität. MTA stellte sich als ideales Pulpotomiemittel heraus.

Historisch bewährte Vitalamputationsmittel für Milchzähne und Permanentes stellen Mittel mit Formaldehydzusatz sowie Ca(OH)₂ dar. Massler et al. [13] sprachen von einem 92%igen klinischen Erfolg nach Ca(OH)₂-VitA. Unter Einbeziehung von postoperativen Röntgenaufnahmen fiel der Erfolg nach einem Jahr auf 75%, nach 2 bis 5 Jahren auf 65%. Die Autoren vermuteten mehrere Ursachen des Misserfolgs: Die Pulpa war initial schon zu stark entzündet, bei der Applikation wurde ein zu starker Druck ausgeübt, ein Blutkoagulum wurde mit blutstillenden Mitteln beseitigt.

Das am häufigsten verwendete Vitalamputationsmittel bei Milchzähnen ist Formocresol. Eine Umfrage [15] lieferte das Ergebnis, dass die Formocresol-Pulpotomie in Milchzähnen zu 73% von den Allgemeinzahnärzten/-innen, zu 98,2% von den Kinderzahnärzten/-innen angewandt wurde. Die Anwendungshäufigkeit an permanenten Zähnen fiel geringer aus – zu 18,9% bei den Allgemeinzahnärzten/-innen und zu 55,4% bei den Kinderzahnärzten/-innen.

Fisch [16] publizierte 1.933 Spätresultate der Pulpaamputation an 600 Zähnen mit dem Formaldehydpräparat Triopaste. Die Kontrollen erfolgten 6 Monate bis zu 18 Jahre nach Amputation. 9% wiesen bei der Röntgenkontrolle einen pathologischen Apex auf. 11 extrahierte Zähne konnten histologisch untersucht werden. Hartsubstanzbildung wurde nachgewiesen in Form eines Verschlusses des Foramen apicale und Apposition an den lateralen Kanalwänden, die z. T. bis zur Obliteration des Kanallumens führte. Overdiek [17] testete N2 als formaldehydhaltiges VitA-Mittel an Humanzähnen im Kurzzeitversuch bis zu zweieinhalb Monaten. Er stellte fest, dass mehrere Wochen nach N2-Applikation die Möglichkeit der Entwicklung einer Hartsubstanzbarriere bestünde. Stern führte während einer Periode von 12 Jahren unter relativer Trockenlegung 175 Pulpotomien mit N2 an Zähnen mit abgeschlossenem Wurzelwachstum durch, unabhängig von eventuellen anamnestischen Schmerzen. 15% der Patienten/-innen hatten nach der Behandlung stärkere Beschwerden, die innerhalb von 48 Stunden abklangen. Jedoch hätten 4 Patienten/-innen eine Pulpitis entwickelt mit der Folge der Extraktion von 3 Zähnen und der konservativen WKB eines Zahnes. Stern war in der Lage, das Schicksal von 35 vitalamputierten Zähnen länger zu verfolgen. Im Laufe der Nachbeobachtung wurden 2 Zähne extrahiert – davon einer wegen Fraktur. 5 Jahre nach Behandlung beobachtete Stern anhand der Röntgenbilder eine fortschreitende Verkalkung der Nervkanäle.

Da laut Schriftum eine N2-VitA an Milchzähnen deutlich bessere Erfolge erzielte als Ca(OH)₂-Pulpotomien, entschloss sich Frankl [18,19], die N2-Pulpotomie auch bei Permanentes anzuwenden. Allerdings nahm er eine Fallselektion vor, indem nur symptomlose Zähne, deren Pulpa akzidentell eröffnet worden war, für die Behandlung infrage kamen. Die Behandlung wurde unter einem Kofferdam durchgeführt. Auftretende Pulpablutungen spielten keine Rolle. 250 Fälle wurden bis zu 13 Jahre nachkontrolliert. Das Alter der Patienten betrug zwischen 22 und 55 Jahre. Die Misserfolge beliefen sich auf 2%, die sich schon innerhalb von 48 Stunden durch Schmerzen äußerten.

Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Erfolgs-/Misserfolgsquote der N2-VitA an permanenten Molaren zu analysieren und diese zu vergleichen mit den im gleichen Zeitraum erbrachten Molaren-Vitalextirpationen (VitE).

Material und Methode

Die Studie wurde vorgenommen in der vom Autoren geführten Praxis, die als ländliche Sozialpraxis zu charakterisieren ist. In den Jahren 1992-1998 wurden 795 VitAs und 945 VitEs an Molaren ausgeführt. 85 VitA- und 93 VitE-Patienten/-innen erschienen nach der Behandlung nicht mehr in der Praxis. Diese wurden von der Studie ausgeschlossen. Somit standen 710 VitAs und 852 VitEs für eine Analyse zur Verfügung. Im untersuchten Behandlungszeitraum wurde ausschließlich N2 als Therapeutikum verwendet, das gemäß einer Zertifizierung des Regierungspräsidenten, Düsseldorf, am 8. Februar 1990 mit folgender Formel zugelassen wurde:

Pulver
Zinkoxid 63,0%
Titandioxid 3,6%
Wismutsubcarbonat 10,0%
Wismutsubnitrat 15,0%
Paraformaldehyd 7,0%
Mennige (Bleioxid) 1,4%

Flüssigkeit
Eugenol 77,0%
Rosenöl 1,8%
Lavendelöl 1,2%
Erdnussöl 20,0%

In der Wurzelkanalpräparation wurde nach der N2-Methode [20] vorgegangen: relative Trockenlegung, keine Wurzelkanalspülungen, Wurzelkanalpräparation ausschließlich mit Reamern. Für die Wurzelkanalfüllung (WF) wird sahnig gemischtes N2 mittels Lentulo appliziert. VitA-Kavitäten werden bis 1-2mm in die Kanaleingänge hinein präpariert. Relativ fest gemischtes N2 wird mittels Füllinstrument in die Kavität eingebracht und mit Watte leicht angedrückt. Eine leichte Blutung ist gegenstandslos. Bei stärkerer Blutung wird das eingebrachte N2 nach einigen Minuten entfernt und dann wieder ersetzt. Ein Kunststoffverschluss der Kavität in derselben Sitzung setzt eine Unterfüllung voraus, die bei einem Amalgamverschluss nicht notwendig ist. Die späteren Röntgenkontrollaufnahmen (im Folgenden mit Rö abgekürzt) wurden vom Autor mit einer zweifach und siebenfach Vergrößerungsoptik gesichtet. Der apikale Zustand wurde differenziert nach apikal o.B., apikal fraglich/unsicher und apikal pathologisch. Bewertet wurde stets die Wurzel mit dem schlechtesten Apikalbefund, was auch für die Einstufung der Wurzelkanalfüllgrade galt. Misserfolge ohne begleitende Röntgenaufnahme wurden als Mi1 bezeichnet, Misserfolge mit begleitender Röntgenaufnahme als Mi2. Die prozentuale Gesamtmisserfolgsquote wurde nicht ermittelt durch eine einfache Addition von Mi1 und Mi2, sondern indem der Anzahl der gemachten Rös die Anzahl der Mi1 hinzugefügt wurde. Von dieser Summe wurde der Prozentsatz der subsumierten Misserfolge bestimmt.

Resultate
47,6% der VitA- und 52,4% der VitE-Patienten/-innen waren männlichen Geschlechts. 70,1% (n = 498) der VitA- und 49,1% (n = 418) der VitE-Patienten/-innen wurden vom Praxisinhaber, die anderen vom Praxismitarbeiter behandelt. Das durchschnittliche Alter der VitA-Patienten/-innen betrug 34,6 Jahre, das der VitE-Patienten/-innen 30,6 Jahre. Der durchschnittliche Beobachtungszeitraum bei VitA lag bei 53,8 Monaten (max. 165), bei VitE bei 49,4 Monaten (max. 169). Von den 710 VitA-Fällen wurden 504 (71%), von den 852 VitE-Fällen 496 (58,1%) einer späteren Röntgenkontrolle unterzogen. Insgesamt wurden 61 VitA-Misserfolge und 77 VitE-Misserfolge registriert. Diese wurden differenziert nach „ohne Begleit-Rö (Mi1)“ und „mit Begleit-Rö (Mi2)“. 51 der 61 VitA-Misserfolge und 63 der 77 VitE- Misserfolge wurden nachgeröntgt. Nicht alle Begleit-Rö’s der Mi2-Misserfolge wiesen einen Misserfolg aus. 2 Begleit-Rös der VitA-Misserfolge und 10 Begleit-Rös der VitE- Misserfolge waren falsch negativ beurteilt worden. Den 10 VitA-Mi1-Fällen folgten ausschließlich Extraktionen wegen Schmerzen – davon 3 nur einige Stunden nach VitA. In 2 Fällen lag in der Kartei der Hinweis auf ein Granulom an einer extrahierten Wurzel vor, in 2 weiteren Fällen folgte die Ex-traktion nach 6 und 11 Tagen. Bei den 16 VitE-Mi1-Fällen wurde 12- mal (1 Tag bis 21 Monate nach VitE) wegen Schmerzen extrahiert. Bei den Patienten/-innen, die nach der VitA-Behandlung wieder die Praxis aufsuchten, lag 240-mal ein positiver und 153-mal ein negativer Hinweis auf eine anamnestische Schmerzsymptomatik vor. Die Misserfolgsrate betrug im ersteren Fall 10,8% (n = 26), im letzteren Fall 7,2% (n = 11).

Die Diagnose „Misserfolg“ wurde bei der VitA am häufigsten gestellt am unteren zweiten Molaren mit 18,5%, bei der VitE am unteren ersten Molaren mit 19%. Die unteren Weisheitszähne fielen positiv auf, als nach VitA der Misserfolg 4,7% betrug und nach VitE kein Misserfolg zu verzeichnen war. Nicht jede Feststellung eines Misserfolgs führte zu einer therapeutischen Konsequenz, die ins-besondere eine Extraktion bedeutete.

Insgesamt wurden in der Nachbeobachtungsphase 206 VitA-Zähne (28,6%) und 123 VitE-Zäh-ne (14,4%) extrahiert. Das Haupt-kontingent der Extraktionen ging zulasten des Extraktionsgrundes „zerstört, frakturiert“, und zwar bei VitA zu 51,9% (n = 107) und bei VitE zu 46,3% (n = 57). Von diesem Extraktionsgrund waren bei VitA am meisten die unteren Weisheitszähne mit 61,8% (n = 21) betroffen, bei VitE die oberen zweiten Molaren mit 64% (n = 16). Ein „Misserfolg“ war ausschlaggebend für die Entfernung von 23,3% (n = 48) der extrahierten VitA-Zähne, 36,6% (n = 45) der extrahierten VitE-Zähne. Die vitalamputierten oberen 6er wurden mit 34,8% (n = 8) und die vitalexstirpierten unteren 6er mit 54,2% (n = 13) am häufigsten wegen eines Misserfolgs extrahiert. Wegen eines Misserfolgs wurden am seltensten die unteren 8er mit 8,8% (n = 3 von 34 unteren 8er Extraktionen) bei der VitA-Gruppe extrahiert und die oberen 6er mit 31% (n = 13 von 42 oberen 6er Extraktionen) bei der VitE-Gruppe. Differenzierte Ergebnisse sind den Tabellen 1 und 2 zu entnehmen.

Es wurde weiterhin der Frage nachgegangen, inwieweit dem WF-Grad nach VitE eine Bedeutung für die Misserfolgsquote zukam. Analysiert wurde nach einer Einteilung in 3 WF-Grade. Die Berechnung des Gesamt-Misserfolgs in diesen 3 Gruppierungen erfolgte, wie in „Material und Methode“ beschrieben. Die Analyse lieferte folgendes Ergebnis: Tabelle 3.

Ohne Berücksichtigung von Einzelheiten wie Indikationsbreite, anamnestischer Symptomatik, Zahnposition und WF-Grad bei VitE betrug die Gesamt-Misserfolgsrate bei VitA 11,9%, bei VitE 15%. Die VitE-Misserfolgsrate des WF-Grades –3, –4 entsprach genau der VitA-Misserfolgsrate von 11,9%.

Diskussion
Ein direkter Vergleich der VitA zur VitE, insbesondere zur unvollständigen WF nach VitE, ist nur mit Einschränkung zulässig, da das VitA-Kontingent vorwiegend aus einer Negativauslese bestand, das alternativ der Zange überantwortet worden wäre. Auf diese ungünstige Ausgangssituation ist die doppelt so hohe Extraktionsfrequenz der VitA-Zähne im Vergleich zu den VitE-Zähnen zurückzuführen (28,6% vs. 14,4%). Der Extraktionsgrund „frakturiert, zerstört“ machte bei der VitA den hohen Anteil von 51,9% aller Extraktionen aus, bei der VitE 46,3%. Dagegen betraf der Extraktionsgrund „Misserfolg“ (röntgenologisch oder klinisch) zu 36,6% die vitalexstirpierten und zu 23,3% die vitalamputierten Zähne. Anamnestische Schmerzen machten sich in einer erhöhten Misserfolgsfrequenz der VitA bemerkbar, was Teixeira et al.7 nach Ca(OH)₂ ebenfalls beobachteten. Auf vermehrte Schmerzen nach VitA wiesen Stern3 und Frankl18, 19 hin. Dies traf auch in dieser Studie zu. Trotzdem fiel die Gesamtmisserfolgsquote nach VitA mit 11,9% niedriger aus als im Durchschnitt nach Molaren-VitE mit 15,1%. Die alleinige röntgenologische Befundung wies bei der VitA 10,1% Misserfolge aus – vergleichbar den 9% von Fisch [16] mit der Trio-Paste. Frankl18,19 berichtete nur von 2% Misserfolgen nach N2-VitA, wenn er auch eine strenge Fall-Selektion vorgenommen hatte. Dagegen lagen die radiologisch-pathologischen Befunde von Eugenol-Pulpotomien an schmerzfreien Zähnen nach 12 Monaten bei 58%.4 Bei der Ca(OH)₂ Pulpotomie schmerzender Zähne erlitten 50% nach 6 bis 8 Monaten einen Misserfolg. [7] Massler et al. [13] beobachteten einen Gesamtmisserfolg der Ca(OH)₂-VitA von 65% nach 2 bis 5 Jahren. Der Abhängigkeit des Misserfolgs vom WF-Grad nach VitE wurde nachgegangen. Adäquat abgefüllte Zähne (–2, –1, ad apicem) wiesen einen Misserfolg von 8,9% auf, stark unterfüllte Zähne einen solchen von 22,1%. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass die Erfolgsrate der VitA in etwa derjenigen einer ordnungsgemäßen WF nach VitE entspricht und einer deutlich zu kurzen WF weit überlegen ist.

Zusammenfassung
Ein Therapievergleich von 710 mit N2 vitalamputierten zu 852 vitalextirpierten und mit N2 abgefüllten Molaren wurde angestellt. Der durchschnittliche Nachbeobachtungszeitraum erstreckte sich bei der VitA über 53,8, bei der VitE über 49,4 Monate. Der Gesamt-misserfolg (klinisch, röntgenologisch) betrug nach VitA 11,9% und lag damit auf gleicher Höhe wie nach VitE mit leichter Unterfüllung (WF-Grad –3, –4). Adäquat abgefüllte Wurzelkanäle zeigten mit 8,9% weniger Misserfolge als Vitalamputationen. Die unteren ersten und zweiten Molaren waren von Misserfolgen mit ca 19% am häufigsten betroffen. 28,6% der VitA- Zähne und 14,4% der VitE-Zähne wurden im Verlauf der Nachbeobachtung extrahiert. Die Angabe „frakturiert/zerstört“ war bei der VitA zu 51,9%, bei der VitE zu 46,3% Grund der Extraktion. Der Extraktionsgrund „Misserfolg“ trat nach VitA mit 23,3% seltener auf als nach VitE mit 36,6%.
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